OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, und der renommierte Designer Jony Ive arbeiten gemeinsam an einem neuen KI-Gerät. Berichten zufolge stößt das Projekt jedoch auf erhebliche technische Schwierigkeiten, die den geplanten Start im kommenden Jahr verzögern könnten. Insbesondere die Software, die benötigte Rechenleistung und die Persönlichkeit des KI-Assistenten bereiten dem Team Probleme.
Das Ziel ist die Entwicklung eines Geräts ohne Bildschirm, das über Kamera und Mikrofon mit seiner Umgebung interagiert. Es soll eine Weiterentwicklung bisheriger intelligenter Lautsprecher darstellen und Nutzern als proaktiver Assistent dienen. Doch bevor das Produkt Marktreife erlangt, müssen grundlegende Herausforderungen gelöst werden, die von der Infrastruktur bis hin zu Datenschutzfragen reichen.
Wichtige Erkenntnisse
- OpenAI und Jony Ive entwickeln ein KI-Gerät ohne Bildschirm, das über Audio- und Videosensoren gesteuert wird.
- Die Markteinführung ist durch technische Probleme bei Software und Infrastruktur gefährdet.
- Ein zentrales Hindernis ist der Mangel an ausreichender Rechenleistung (Compute) für ein Massenmarktprodukt.
- Die Entwicklung der KI-Persönlichkeit und die Wahrung der Privatsphäre stellen weitere große Herausforderungen dar.
- Das Projekt ist Teil von OpenAIs Strategie, seine hohe Unternehmensbewertung durch den Einstieg in den Hardware-Markt zu rechtfertigen.
Das Konzept eines bildschirmlosen KI-Assistenten
Die Vision von OpenAI und Jony Ive geht über bekannte Geräte wie Amazons Echo oder Google Home hinaus. Geplant ist ein kompaktes, handliches Gerät, das ungefähr die Größe eines Smartphones hat. Anstelle eines Displays soll die Interaktion ausschließlich über eine Kamera, ein Mikrofon und einen Lautsprecher erfolgen. Einige Quellen deuten sogar auf den Einsatz mehrerer Kameras hin.
Das Gerät ist so konzipiert, dass es sowohl auf einem Schreibtisch platziert als auch mobil vom Nutzer mitgeführt werden kann. Im Gegensatz zu Assistenten, die auf ein Aktivierungswort wie „Hey Siri“ warten, soll dieses Gerät „always on“ sein, also permanent seine Umgebung wahrnehmen.
Hintergrund der Zusammenarbeit
Die Partnerschaft wurde im Mai durch eine bedeutende Übernahme gefestigt. OpenAI erwarb für 6,5 Milliarden US-Dollar das Unternehmen „io“ von Jony Ive. Mit diesem Schritt holte sich OpenAI nicht nur den ehemaligen Apple-Chefdesigner, sondern auch mehr als 20 seiner früheren Hardware-Experten an Bord. Ive ist bekannt für seine ikonischen Designs des iMac, iPod und iPhone, die maßgeblich zum Erfolg von Apple beitrugen.
Durch die kontinuierliche Datenerfassung soll der virtuelle Assistent ein „Gedächtnis“ aufbauen und kontextbezogen agieren können. Das Ziel ist es, einen intelligenten Begleiter zu schaffen, der den Nutzer im Alltag proaktiv unterstützt, anstatt nur auf Befehle zu reagieren.
Die größten technischen Hindernisse
Obwohl das Hardware-Design in den Händen von Jony Ives erfahrenem Team liegt, liegen die größten Schwierigkeiten in der Software und der zugrundeliegenden Infrastruktur. Diese Probleme sind vielfältig und betreffen Kernaspekte des Produkts.
Mangel an Rechenleistung
Eine der größten Hürden ist die Bereitstellung der notwendigen Rechenleistung. KI-Modelle wie die von OpenAI sind extrem ressourcenintensiv. Während etablierte Konzerne wie Amazon und Google über riesige Serverfarmen verfügen, um ihre Assistenten zu betreiben, stößt OpenAI bereits bei der Versorgung von ChatGPT an Kapazitätsgrenzen.
„Die Rechenleistung ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Verzögerung“, erklärte eine Person aus dem Umfeld von Ive. „Amazon hat die Kapazitäten für eine Alexa, ebenso Google für sein Home-Gerät, aber OpenAI hat Mühe, genug Rechenleistung für ChatGPT zu bekommen, geschweige denn für ein KI-Gerät – das müssen sie zuerst lösen.“
Ein Gerät für den Massenmarkt würde diese Anforderungen exponentiell steigern und stellt OpenAI vor eine massive infrastrukturelle Herausforderung.
Die Suche nach der richtigen Persönlichkeit
Ein weiteres komplexes Problem ist die Gestaltung der „Persönlichkeit“ des KI-Assistenten. Das Team muss eine feine Balance finden: Der Assistent soll hilfreich sein, aber nicht aufdringlich. Er darf weder zu unterwürfig noch zu direkt wirken und muss erkennen, wann eine Konversation beendet ist – ein Problem, das auch bei ChatGPT gelegentlich auftritt.
Das Ziel: Ein besserer Siri
Laut einer Person, die über die Pläne informiert wurde, lautet das Konzept: „Man sollte einen Freund haben, der ein Computer ist, aber nicht die seltsame KI-Freundin ... wie Siri, nur besser.“ Das Team sucht nach Wegen, das Gerät „zugänglich, aber nicht aufdringlich“ zu gestalten.
Die Herausforderung besteht darin, zu verhindern, dass das Gerät unaufgefordert spricht oder in Endlosschleifen verfällt. „Die Persönlichkeit des Modells ist schwer auszubalancieren“, so eine andere mit dem Projekt vertraute Person.
Datenschutz und „Always-On“-Funktionalität
Ein Gerät, das permanent seine Umgebung aufzeichnet, wirft erhebliche Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre auf. Die „Always-On“-Funktion ist zwar technisch notwendig, um einen kontextsensitiven Assistenten zu schaffen, erfordert aber robuste Datenschutzmechanismen, um das Vertrauen der Nutzer zu gewinnen. Wie OpenAI die gesammelten Daten verarbeiten, speichern und schützen will, ist eine der kritischen Fragen, die vor einer Markteinführung geklärt werden müssen.
Marktumfeld und strategische Bedeutung
OpenAI betritt mit diesem Projekt einen schwierigen Markt. Frühere Versuche, ähnliche KI-Begleiter zu etablieren, waren nur mäßig erfolgreich. Der „Friend“-Anhänger wurde als „gruselig“ kritisiert, und der von Sam Altman persönlich unterstützte „Humane AI Pin“ wurde bereits wieder eingestellt. Der Erfolg hängt also stark davon ab, ob OpenAI einen echten Mehrwert bieten kann, der bisherige Konzepte übertrifft.
OpenAIs hohe Bewertung
Kürzlich wurde OpenAI mit einem Wert von 500 Milliarden US-Dollar bewertet und überholte damit SpaceX als wertvollstes privates Unternehmen der Welt. Der Vorstoß in den Hardware-Sektor wird als ein Versuch gesehen, diese enorme Bewertung zu rechtfertigen und neue Einnahmequellen jenseits von Software-Abonnements zu erschließen.
Um das Hardware-Geschäft aufzubauen, hat OpenAI aggressiv Personal rekrutiert. Neben dem Team von Jony Ive wurden Dutzende weitere Experten von Apple und auch Mitarbeiter von Meta, die an der Quest-VR-Brille und Smart Glasses arbeiteten, eingestellt. Diese Personalentscheidungen unterstreichen die Ambitionen des Unternehmens.
Für die Produktion arbeitet OpenAI Berichten zufolge mit dem chinesischen Auftragsfertiger Luxshare zusammen, der auch für Apple tätig ist. Es wird jedoch spekuliert, dass die Endmontage des Geräts außerhalb Chinas stattfinden könnte. Offiziell äußerten sich weder OpenAI noch Jony Ives Designfirma LoveFrom zu den Details des Projekts. Ein Sprecher von OpenAI bezeichnete die aktuellen Schwierigkeiten als „normale Teile des Produktentwicklungsprozesses“.





