Ein neuer Treiber namens NTFSPLUS wurde für den Linux-Kernel vorgestellt. Entwickelt vom erfahrenen Kernel-Entwickler Namjae Jeon, zielt er darauf ab, die Leistung und Funktionalität für den Zugriff auf das Windows-Dateisystem NTFS deutlich zu verbessern. NTFSPLUS positioniert sich als moderne Alternative zum bestehenden NTFS3-Treiber, der als unzureichend gewartet gilt.
Wichtige Fakten
- NTFSPLUS ist ein neuer Lese- und Schreibtreiber für das NTFS-Dateisystem unter Linux.
- Er wurde von Namjae Jeon entwickelt, dem Maintainer des exFAT- und KSMBD-Codes im Linux-Kernel.
- Der Treiber soll den als schlecht gewarteten NTFS3-Treiber ersetzen und eine höhere Leistung bieten.
- Erste Benchmarks zeigen signifikante Geschwindigkeitsvorteile bei Schreibvorgängen mit mehreren Threads.
- NTFSPLUS basiert auf dem Code des älteren, schreibgeschützten NTFS-Treibers und wurde um moderne Funktionen erweitert.
Ein neuer Anlauf für NTFS unter Linux
Die Linux-Community hat eine neue Option für die Arbeit mit NTFS-formatierten Laufwerken erhalten. Der Entwickler Namjae Jeon hat am 20. Oktober 2025 einen neuen Treiber namens NTFSPLUS vorgestellt. Dieser Schritt ist bedeutsam, da Jeon eine bekannte Persönlichkeit in der Linux-Kernel-Entwicklung ist.
Seine bisherigen Beiträge umfassen die Entwicklung des exFAT-Treibers, der die Kompatibilität mit einem weiteren gängigen Microsoft-Dateisystem sicherstellt. Außerdem ist er für die Wartung des KSMBD-Kernel-Servers verantwortlich, einer SMB-Server-Implementierung direkt im Linux-Kernel.
Die Ankündigung von NTFSPLUS kam für viele überraschend. Sie signalisiert den Versuch, ein langjähriges Problem in der Linux-Welt zu lösen: eine stabile, leistungsfähige und gut gewartete Unterstützung für das Standard-Dateisystem von Windows.
Die bisherige NTFS-Unterstützung in Linux
Die Interoperabilität zwischen Linux und Windows war schon immer von der Qualität der Dateisystemtreiber abhängig. Im Laufe der Jahre gab es mehrere Ansätze für NTFS:
- Der klassische NTFS-Treiber: War lange Zeit Teil des Kernels, unterstützte aber nur den Lesezugriff. Er wurde mittlerweile entfernt.
- NTFS-3G: Ein Treiber, der im Userspace über FUSE (Filesystem in Userspace) läuft. Er bietet zuverlässige Lese- und Schreibunterstützung, ist aber oft langsamer als Kernel-Treiber.
- NTFS3: Ein von Paragon Software entwickelter und in den Kernel aufgenommener Treiber. Er versprach Lese- und Schreibzugriff mit hoher Leistung, leidet aber laut Kritikern unter mangelnder Wartung und Stabilitätsproblemen.
Die Motivation hinter NTFSPLUS
Namjae Jeon begründete die Entwicklung von NTFSPLUS mit den Mängeln des bestehenden NTFS3-Treibers. Seiner Meinung nach ist die Interoperabilität mit Windows-Geräten für Linux-Nutzer von großer Bedeutung, doch die aktuelle Situation ist unbefriedigend.
In seiner Ankündigung erklärte Jeon die Notwendigkeit für einen neuen Treiber.
"Derzeit war die ntfs-Unterstützung in Linux der lange vernachlässigte NTFS Classic (nur lesend), der aus dem Linux-Kernel entfernt wurde, und hinterließ das schlecht gewartete ntfs3. ntfs3 hat immer noch viele Probleme und wird schlecht gewartet, sodass Benutzer und Distributionen immer noch das alte, traditionelle ntfs-3g verwenden."
Dieser Zustand führte dazu, dass viele Anwender auf die langsamere, aber stabilere Userspace-Lösung NTFS-3G zurückgriffen. NTFSPLUS soll diese Lücke schließen und eine moderne, schnelle und zuverlässige Kernel-interne Lösung bieten.
Ein Fundament aus bewährtem Code
Interessanterweise basiert NTFSPLUS nicht auf dem neueren NTFS3-Code. Stattdessen entschied sich Jeon, den Code des alten, schreibgeschützten NTFS-Treibers als Grundlage zu verwenden. Er begründet dies mit der höheren Codequalität und Lesbarkeit des alten Treibers.
"Der alte schreibgeschützte ntfs-Code ist viel sauberer, mit umfangreichen Kommentaren, und bietet eine Lesbarkeit, die das Verständnis von NTFS erleichtert. Aus diesem Grund wurde ntfsplus auf der Basis des alten schreibgeschützten NTFS entwickelt", so Jeon.
Auf dieser soliden Basis wurden moderne Funktionen implementiert, um den Treiber auf den neuesten Stand der Kernel-Entwicklung zu bringen und die Leistung zu maximieren.
Umfang des neuen Treibers
Die erste Veröffentlichung von NTFSPLUS umfasst eine Patch-Serie mit insgesamt 34.500 Zeilen neuem Code. Dies unterstreicht den erheblichen Aufwand, der in die Modernisierung und Erweiterung des alten Treibers geflossen ist.
Technische Vorteile und Leistungsversprechen
NTFSPLUS wurde entwickelt, um nicht nur die Stabilität, sondern auch die Funktionalität und Leistung im Vergleich zu NTFS3 zu verbessern. Der neue Treiber bringt mehrere wichtige technische Neuerungen mit sich, die im bestehenden NTFS3-Treiber fehlen oder fehlerhaft sind.
Wichtige technische Merkmale
Die Liste der Verbesserungen ist lang und richtet sich an den modernen Standards des Linux-Kernels aus:
- IOmap-Unterstützung: Eine moderne Schnittstelle im Kernel für den direkten I/O-Zugriff, die die Leistung verbessert.
- Kein Buffer Head: Die Abkehr von der veralteten Buffer-Head-Schnittstelle zugunsten modernerer Speicherverwaltung wie Folios.
- Öffentliche Userspace-Tools: Es werden Werkzeuge wie
fsck(ein Dateisystem-Prüfprogramm) zur Verfügung gestellt, was bei NTFS3 ein Kritikpunkt war. - IDMAPPED Mount-Unterstützung: Ermöglicht eine flexiblere Zuordnung von Benutzer- und Gruppen-IDs.
- Delayed Allocation: Eine Technik, die Schreibvorgänge optimiert, indem Daten erst dann auf die Festplatte geschrieben werden, wenn es unbedingt notwendig ist.
- Geplantes Journaling: Im Gegensatz zur nicht funktionierenden Implementierung in NTFS3 plant Jeon, eine funktionierende Journaling-Unterstützung zu integrieren, was die Datensicherheit erhöht.
Erste Benchmarks zeigen deutliche Vorteile
Namjae Jeon untermauerte seine Ankündigung mit ersten Leistungstests. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass NTFSPLUS insbesondere bei schreibintensiven Aufgaben erhebliche Vorteile bietet.
In Tests mit mehreren parallelen Schreibvorgängen (Multi-Threaded Writes) zeigte NTFSPLUS eine deutlich höhere Leistung als NTFS3. Bei Tests mit nur einem Thread waren die Vorteile geringer, aber immer noch messbar. Die Lesegeschwindigkeit beider Treiber war den Benchmarks zufolge auf einem ähnlichen Niveau.
Diese Ergebnisse sind besonders relevant für Szenarien, in denen große Datenmengen auf NTFS-Partitionen geschrieben werden, beispielsweise beim Kopieren von Dateien, bei Backups oder in Virtualisierungsumgebungen.
Ausblick und nächste Schritte
Die Veröffentlichung des ersten Patch-Sets ist der Beginn eines Prozesses. Der Code muss nun von der Linux-Kernel-Community geprüft und diskutiert werden, bevor er möglicherweise in eine zukünftige Kernel-Version aufgenommen wird.
Die Reputation von Namjae Jeon als erfahrener und zuverlässiger Entwickler könnte diesem Prozess helfen. Seine bisherige Arbeit an exFAT und KSMBD hat gezeigt, dass er in der Lage ist, qualitativ hochwertigen Code zu liefern und ihn langfristig zu pflegen – ein zentraler Kritikpunkt am Konkurrenten NTFS3.
Für Linux-Nutzer ist die Entwicklung von NTFSPLUS eine vielversprechende Nachricht. Ein leistungsfähiger und stabiler NTFS-Treiber würde die Arbeit in Umgebungen mit Dual-Boot-Systemen oder beim Datenaustausch mit Windows-Rechnern erheblich vereinfachen und beschleunigen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Projekt weiterentwickelt und wann es für Endanwender verfügbar sein wird.





