Microsoft führt für seinen Cloud-Speicherdienst OneDrive eine neue Funktion ein, die künstliche Intelligenz nutzt, um Fotos automatisch nach den darauf abgebildeten Personen zu gruppieren. Diese Funktion, die sich derzeit in einer Vorschauphase befindet und schrittweise für Nutzer ausgerollt wird, soll die Organisation von Bildersammlungen vereinfachen. Gleichzeitig sorgt eine ungewöhnliche Einschränkung in den Datenschutzeinstellungen für Fragen: Nutzer können die Funktion nur dreimal pro Jahr aktivieren oder deaktivieren.
Wichtige Fakten
- Microsoft OneDrive erhält eine KI-gestützte Funktion zur Gesichtserkennung, um Fotos nach Personen zu sortieren.
- Die Einstellung zur Aktivierung oder Deaktivierung dieser Funktion kann nur dreimal pro Jahr geändert werden.
- Bei Deaktivierung werden alle zugehörigen Gesichtsgruppierungsdaten nach 30 Tagen dauerhaft gelöscht.
- Microsoft versichert, die Daten nicht für das Training von KI-Modellen zu verwenden.
So funktioniert die neue Personenerkennung in OneDrive
Die neue Funktion, die im Bereich „Personen“ innerhalb von OneDrive zu finden sein wird, analysiert hochgeladene Fotos auf Gesichter. Anschließend gruppiert der Dienst Bilder, auf denen er dieselbe Person zu erkennen glaubt. Um die Funktion vollständig zu nutzen, ist eine Interaktion des Nutzers erforderlich. Dieser muss die von der KI erstellten Gesichtsgruppen benennen, um sie eindeutig Personen zuzuordnen. Sobald ein Name vergeben ist, fasst OneDrive alle aktuellen und zukünftigen Fotos dieser Person in einem eigenen Ordner zusammen.
Dieses Vorgehen ist in der Branche nicht neu. Konkurrierende Dienste wie Google Fotos und Apple Fotos bieten seit Jahren ähnliche Funktionen an, die bei Nutzern sehr beliebt sind, um schnell Bilder von Freunden und Familie zu finden. Microsofts Implementierung zielt darauf ab, mit diesen etablierten Angeboten gleichzuziehen und die Benutzererfahrung in seinem Cloud-Speicher zu verbessern.
Kontext: Gesichtserkennung bei Konkurrenten
Google Fotos war einer der Pioniere bei der automatischen Gesichtsgruppierung und nutzt seine leistungsstarken KI-Algorithmen, um Personen, Haustiere und sogar Orte zu identifizieren. Apple verarbeitet diese Daten direkt auf dem Gerät, um die Privatsphäre der Nutzer zu schützen. Microsoft betritt hier also einen etablierten Markt, muss sich aber mit seiner Umsetzung von den anderen abheben.
Eine rätselhafte Einschränkung in den Einstellungen
Für erhebliche Verwirrung sorgt eine Klausel in den Einstellungsoptionen der neuen Funktion. Laut der offiziellen Dokumentation von Microsoft können Nutzer die Einstellung für die Personengruppierung nur dreimal pro Jahr ändern. Diese willkürlich erscheinende Begrenzung wirft mehrere Fragen auf, die das Unternehmen bisher nicht beantwortet hat.
Warum wurde die Zahl auf drei festgelegt? Was passiert, wenn ein Nutzer seine drei Änderungen aufgebraucht hat und seine Meinung erneut ändern möchte? Muss er dann bis zum Ende des Jahres warten? Unklar ist auch, wie Microsoft „ein Jahr“ definiert – ob es sich um ein Kalenderjahr handelt, um einen Zeitraum von 365 Tagen ab der ersten Änderung oder um einen anderen Zyklus.
„Die Begrenzung auf drei Änderungen pro Jahr ist ungewöhnlich und schränkt die Kontrolle der Nutzer über ihre eigenen Daten ohne ersichtlichen technischen Grund ein.“
Folgen der Deaktivierung
Entscheidet sich ein Nutzer dafür, die Funktion auszuschalten, hat dies Konsequenzen. Microsoft gibt an, dass nach der Deaktivierung alle Daten zur Gesichtsgruppierung innerhalb von 30 Tagen dauerhaft gelöscht werden. Dies bedeutet, dass die gesamte Arbeit, die in die Benennung von Personen investiert wurde, verloren geht. Eine erneute Aktivierung würde erfordern, den gesamten Prozess von vorne zu beginnen.
Was wird gelöscht?
Bei der Deaktivierung werden nicht die Fotos selbst, sondern nur die Metadaten der Gesichtsgruppierung entfernt. Das umfasst die von der KI erstellten Cluster und die vom Nutzer vergebenen Namen. Die Originalbilder bleiben im OneDrive-Speicher unberührt.
Datenschutz und rechtliche Rahmenbedingungen
Angesichts der zunehmenden Sensibilität für Datenschutz, insbesondere in Europa, hat Microsoft einige Zusicherungen gemacht. Das Unternehmen betont, dass die gesammelten Gesichtsdaten oder biometrischen Informationen nicht für das Training seiner allgemeinen KI-Modelle verwendet werden. Zudem sollen die Gruppierungsinformationen privat bleiben und nicht geteilt werden, selbst wenn ein Nutzer ein Foto oder ein ganzes Album mit anderen teilt.
Microsoft weist auch darauf hin, dass in einigen Regionen, wie der Europäischen Union, die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer erforderlich ist, bevor ihre Fotos verarbeitet werden dürfen. Dies steht im Einklang mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die jüngsten Schwierigkeiten bei der Einführung der „Recall“-Funktion in Europa haben gezeigt, wie wichtig die Einhaltung regionaler Datenschutzgesetze für Technologiekonzerne ist.
- Zustimmung erforderlich: Nutzer in Regionen wie der EU müssen der Verarbeitung ihrer Fotos aktiv zustimmen.
- Kein KI-Training: Die Gesichtsdaten fließen nicht in das Training globaler KI-Modelle ein.
- Kein Teilen von Daten: Die Information, wer auf einem Bild zu sehen ist, wird beim Teilen von Inhalten nicht an andere Nutzer weitergegeben.
Vergleich und Ausblick
Die Einführung der Personengruppierung ist für OneDrive ein notwendiger Schritt, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Funktion bietet einen klaren Mehrwert für Nutzer mit großen Fotosammlungen. Die seltsame Beschränkung bei der Einstellungsänderung bleibt jedoch ein Rätsel und könnte bei datenschutzbewussten Nutzern für Misstrauen sorgen.
Es bleibt abzuwarten, ob Microsoft diese Begrenzung während der Vorschauphase überdenkt oder eine klare Begründung dafür liefert. Bis dahin befindet sich die Funktion im schrittweisen Rollout und ist noch nicht für alle OneDrive-Nutzer verfügbar. Anwender sollten ihre Einstellungen überprüfen, um zu sehen, ob die Funktion bei ihnen bereits aktiviert wurde und um eine bewusste Entscheidung über deren Nutzung zu treffen.





