Osteoporose, oft als „Frauenkrankheit“ bezeichnet, stellt auch für Männer ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Mit steigender Lebenserwartung sind immer mehr Männer von Knochenschwund betroffen, doch das Bewusstsein für die Gefahr, die Früherkennung und die Behandlung bleiben unzureichend. Häufig wird die Erkrankung erst nach einem Knochenbruch diagnostiziert, der durch einen scheinbar harmlosen Unfall verursacht wurde.
Dieser Mangel an Aufmerksamkeit führt dazu, dass viele Männer ohne Diagnose und Therapie leben, was das Risiko für schwere Verletzungen und eine eingeschränkte Lebensqualität im Alter deutlich erhöht. Experten fordern daher ein Umdenken und eine stärkere Sensibilisierung für dieses wachsende Gesundheitsproblem.
Wichtige Erkenntnisse
- Osteoporose ist keine reine Frauenkrankheit; Männer sind zunehmend betroffen, insbesondere im höheren Alter.
- Das Bewusstsein und die Screening-Raten für Osteoporose bei Männern sind alarmierend niedrig.
- Ein Knochenbruch nach einem leichten Sturz kann ein erstes Anzeichen für eine unerkannte Osteoporose sein.
- Risikofaktoren bei Männern umfassen unter anderem einen niedrigen Testosteronspiegel, bestimmte Medikamente und einen ungesunden Lebensstil.
- Früherkennung und gezielte Behandlung können das Frakturrisiko erheblich senken und die Lebensqualität erhalten.
Ein Sturz mit weitreichenden Folgen
Im Jahr 2006 erlebte Ronald Klein, ein Zahnarzt aus North Wales, Pennsylvania, einen Vorfall, der sein Leben verändern sollte. Bei einer Fahrradtour durch seine Nachbarschaft versuchte er, über einen Bordstein zu springen. „Ich war zu langsam und hatte nicht genug Schwung“, erinnerte er sich. Das Fahrrad kippte, und er streckte seinen linken Arm aus, um den Sturz abzufangen.
Was wie ein unbedeutender Unfall wirkte, hatte schwerwiegende Konsequenzen. „Ich konnte nicht mehr aufstehen“, berichtete Klein. In der Notaufnahme zeigten Röntgenaufnahmen, dass er sich sowohl die Hüfte als auch die Schulter gebrochen hatte. Die Hüftfraktur musste operativ versorgt werden.
Obwohl Dr. Klein bereits nach drei Wochen mit einer Gehhilfe wieder arbeiten konnte und sich nach sechs Monaten intensiver Physiotherapie vollständig erholt fühlte, war der Vorfall ein Weckruf. Ein so harmloser Sturz hätte nicht zu derart schweren Verletzungen führen dürfen. Die Diagnose offenbarte ein zugrunde liegendes Problem: eine stark verminderte Knochendichte, auch bekannt als Osteoporose.
Warum Osteoporose bei Männern oft übersehen wird
Der Fall von Ronald Klein ist exemplarisch für ein weit verbreitetes Problem. Osteoporose wird in der öffentlichen Wahrnehmung und sogar in der medizinischen Praxis primär mit Frauen nach der Menopause in Verbindung gebracht. Diese stereotype Sichtweise führt dazu, dass Männer seltener auf Risikofaktoren untersucht und noch seltener einer Knochendichtemessung unterzogen werden.
Männer erreichen ihre maximale Knochendichte später als Frauen und verlieren sie langsamer. Der altersbedingte Rückgang des Sexualhormons Testosteron verläuft bei Männern gradueller als der Östrogenabfall bei Frauen in den Wechseljahren. Dennoch beschleunigt sich der Knochenabbau auch bei Männern ab etwa dem 70. Lebensjahr erheblich.
Statistiken zur Osteoporose bei Männern
Laut internationalen Gesundheitsorganisationen erleidet etwa jeder fünfte Mann über 50 im Laufe seines Lebens eine osteoporotische Fraktur. Die Sterblichkeitsrate nach einer Hüftfraktur ist bei Männern im ersten Jahr nach dem Ereignis fast doppelt so hoch wie bei Frauen, was die Schwere der Erkrankung unterstreicht.
Das geringe Bewusstsein hat zur Folge, dass die Diagnose oft erst gestellt wird, wenn es bereits zu spät ist – nämlich nach der ersten Fraktur. Diese sogenannten Fragilitätsfrakturen treten bei Belastungen auf, die ein gesunder Knochen problemlos aushalten würde.
Risikofaktoren und Diagnose
Obwohl das Alter der größte Risikofaktor ist, gibt es weitere Umstände, die die Entstehung von Osteoporose bei Männern begünstigen. Ein umfassendes Verständnis dieser Faktoren ist entscheidend für eine rechtzeitige Prävention und Diagnose.
Medizinische und Lebensstil-Faktoren
Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:
- Hormonelle Ursachen: Ein niedriger Testosteronspiegel (Hypogonadismus) ist eine der Hauptursachen für sekundäre Osteoporose bei Männern.
- Medikamente: Die langfristige Einnahme von Kortison (Glukokortikoiden), bestimmten Antiepileptika oder Medikamenten zur Behandlung von Prostatakrebs kann die Knochendichte negativ beeinflussen.
- Chronische Erkrankungen: Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Magen-Darm-Erkrankungen, die die Nährstoffaufnahme beeinträchtigen, erhöhen das Risiko.
- Lebensstil: Übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen, Bewegungsmangel und eine kalzium- und vitamin-D-arme Ernährung tragen maßgeblich zum Knochenverlust bei.
Die Bedeutung der Früherkennung
Die Standardmethode zur Diagnose von Osteoporose ist die Knochendichtemessung, auch DXA-Scan (Dual-Energy X-ray Absorptiometry) genannt. Es handelt sich um ein schmerzloses und schnelles Verfahren, das die Knochenmineraldichte an kritischen Stellen wie der Hüfte und der Lendenwirbelsäule misst. Für Männer ab 70 Jahren wird eine solche Untersuchung generell empfohlen, bei Vorliegen von Risikofaktoren auch schon früher.
Ärzte sollten Männer aktiv auf diese Risiken ansprechen und bei Verdacht eine weiterführende Diagnostik einleiten. Ein einfacher Fragebogen zu Lebensstil, Medikamenten und familiärer Vorbelastung kann bereits erste Hinweise liefern.
Prävention und Behandlungsmöglichkeiten
Die gute Nachricht ist, dass Osteoporose bei Männern sowohl vorgebeugt als auch wirksam behandelt werden kann. Die Strategien ähneln denen für Frauen und zielen darauf ab, den Knochenabbau zu verlangsamen und die Knochenstabilität zu erhöhen.
„Prävention ist der Schlüssel. Eine knochengesunde Lebensweise sollte so früh wie möglich beginnen, um eine maximale Knochendichte aufzubauen und diese so lange wie möglich zu erhalten.“
Die wichtigsten Säulen der Prävention und Behandlung sind:
- Ernährung: Eine ausreichende Zufuhr von Kalzium (ca. 1.000 mg pro Tag) und Vitamin D (800-1.000 IE pro Tag) ist fundamental. Kalzium ist der Hauptbaustein der Knochen, während Vitamin D für dessen Aufnahme im Körper unerlässlich ist. Gute Kalziumquellen sind Milchprodukte, grünes Gemüse und angereicherte Lebensmittel.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität, insbesondere gewichtsbelastende Übungen wie Gehen, Joggen oder Krafttraining, stimuliert die knochenaufbauenden Zellen. Übungen zur Stärkung der Muskulatur und des Gleichgewichts helfen zudem, Stürze zu vermeiden.
- Lebensstil anpassen: Der Verzicht auf Rauchen und die Reduzierung des Alkoholkonsums sind entscheidende Maßnahmen, um die Knochengesundheit zu schützen.
- Medikamentöse Therapie: Wenn eine Osteoporose diagnostiziert wird, stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Bisphosphonate sind die am häufigsten verschriebene Medikamentengruppe. Sie verlangsamen den Knochenabbau und können das Risiko für Frakturen um bis zu 50 % senken.
Für Männer ist es wichtig, das Thema proaktiv bei ihrem Arzt anzusprechen, insbesondere wenn Risikofaktoren vorliegen oder sie bereits das 70. Lebensjahr erreicht haben. Ein einfacher Sturz sollte nicht der Auslöser sein, um über die eigene Knochengesundheit nachzudenken.





