Eine neue Studie des Marktforschungsunternehmens Circana zeigt, dass die Mehrheit der Videospieler in den USA jährlich nur zwei oder weniger neue Spiele kauft. Diese Erkenntnis stellt die gängige Vorstellung eines Marktes in Frage, in dem alle Konsumenten regelmäßig zu neuen Titeln greifen, und unterstreicht die wachsende Kluft zwischen Gelegenheitsspielern und einer kleinen, aber kaufkräftigen Gruppe von Enthusiasten.
Die Daten, die im Rahmen des „Future of Games“-Berichts erhoben wurden, offenbaren ein Kaufverhalten, das von großer Zurückhaltung geprägt ist. Ein Drittel der Befragten gab an, pro Jahr überhaupt kein neues Spiel zu erwerben. Diese Zahlen haben weitreichende Konsequenzen für die Preisgestaltung, Marketingstrategien und Veröffentlichungspläne der gesamten Branche.
Wichtige Erkenntnisse
- Eine Mehrheit der Spieler in den USA erwirbt pro Jahr zwei oder weniger neue Videospiele.
- Ein Drittel der Befragten kauft überhaupt kein neues Spiel im Laufe eines Jahres.
- Nur 4 % der Spieler kaufen mehr als ein Spiel pro Monat und bilden eine kleine, aber wirtschaftlich entscheidende Gruppe.
- Die Branche wird zunehmend von einer kleinen Zahl preisunempfindlicher „Hyper-Enthusiasten“ getragen.
- Die Ergebnisse erklären, warum Entwickler große Veröffentlichungen wie Call of Duty oder GTA meiden.
Das Kaufverhalten des durchschnittlichen Spielers
Der Videospielmarkt ist riesig und wächst stetig. Allein auf der Plattform Steam wurden im Jahr 2024 über 18.000 neue Spiele veröffentlicht. Angesichts dieser Flut an Neuerscheinungen könnte man annehmen, dass Spieler regelmäßig ihre Bibliotheken erweitern. Die Realität sieht jedoch anders aus, wie die neuen Daten von Circana belegen.
Mat Piscatella, Leiter der Gaming-Forschung bei Circana, teilte die Ergebnisse und betonte deren Bedeutung. Die Umfrage ergab, dass ein Drittel der US-Spieler angab, nicht einmal ein einziges neues Spiel pro Jahr zu kaufen. Lediglich eine kleine Minderheit von 4 Prozent kauft mehr als ein Spiel pro Monat.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass der typische Spieler, der vielleicht nur die jährlichen Ausgaben von Call of Duty oder einem Sportspiel wie Madden kauft, nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Wer im September beispielsweise zwei große Titel erworben hat, gehört bereits zu einer statistischen Minderheit.
Kaufgewohnheiten im Überblick
- 33 % der Spieler kaufen kein einziges neues Spiel pro Jahr.
- Die Mehrheit kauft zwei oder weniger Spiele pro Jahr.
- Nur 4 % der Spieler sind Vielkäufer (mehr als 1 Spiel/Monat).
Diese Daten stammen aus dem „Future of Games“-Bericht von Circana für das letzte Quartal.
Eine kleine Gruppe von Enthusiasten trägt den Markt
Die Analyse von Piscatella legt nahe, dass die Stabilität des Marktes für Vollpreisspiele maßgeblich von einer kleinen, aber äußerst engagierten Gruppe abhängt. Er bezeichnet sie als „preisunempfindliche Hyper-Enthusiasten“, die einen überproportional großen Anteil an den Umsätzen generieren.
„Preisunempfindliche Hyper-Enthusiasten halten die Dinge wirklich am Laufen, besonders im Bereich der nicht kostenlosen Spiele“, schrieb Piscatella in seiner Analyse der Daten.
Diese Gruppe kauft nicht nur regelmäßig neue Spiele, sondern greift auch häufiger zu teureren Deluxe- oder Sammlereditionen. Ihr Kaufverhalten erklärt, warum Unternehmen wie Sony trotz stagnierender Konsolenverkäufe weiterhin Rekordgewinne im Gaming-Segment erzielen. Die Monetarisierung dieser loyalen und zahlungskräftigen Kundschaft wird immer wichtiger.
Für den Durchschnittsspieler hingegen sind Konzepte wie ein stetig wachsender „Backlog“ – eine Sammlung ungespielter Titel – völlig fremd. Während Enthusiasten ihre digitalen Bibliotheken füllen, beschränkt sich die Mehrheit auf wenige, sorgfältig ausgewählte Titel pro Jahr.
Strategische Folgen für die Spielebranche
Das Wissen um diese Kaufgewohnheiten hat direkte Auswirkungen auf die Geschäftsstrategien der Entwickler und Publisher. Es wird verständlich, warum Veröffentlichungsfenster so hart umkämpft sind und warum viele Studios eine direkte Konfrontation mit Blockbustern wie Grand Theft Auto oder Call of Duty um jeden Preis vermeiden.
Wenn die meisten Konsumenten nur ein oder zwei Spiele pro Jahr kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ihre Wahl auf einen dieser etablierten Namen fällt. Ein kleineres Spiel, das im selben Zeitraum erscheint, kämpft um eine stark begrenzte Aufmerksamkeit und ein noch knapperes Budget.
Warum Veröffentlichungstermine entscheidend sind
Die Wahl des richtigen Veröffentlichungsdatums ist für den Erfolg eines Spiels von entscheidender Bedeutung. Ein ungünstiger Termin kann selbst ein qualitativ hochwertiges Spiel scheitern lassen. Große Publisher planen ihre wichtigsten Veröffentlichungen oft Monate oder Jahre im Voraus, um sich die besten Zeiträume im Herbst- und Weihnachtsgeschäft zu sichern und direkter Konkurrenz aus dem Weg zu gehen.
Diese Marktdynamik führt zu einem hohen Druck, bereits vor der Veröffentlichung eine massive Sichtbarkeit zu erzeugen. Marketingkampagnen werden immer aufwendiger, da sie nicht nur um das Geld, sondern vor allem um einen der wenigen „Kauf-Slots“ im Jahr eines Spielers konkurrieren.
Die Herausforderung der Sichtbarkeit
Angesichts der schieren Masse an neuen Spielen stellt sich eine zentrale Frage: Wie finden die richtigen Spieler die für sie passenden Spiele? Die Studie von Circana unterstreicht die Dringlichkeit dieses Problems. Eine bessere Kuratierung und verbesserte Entdeckungsmechanismen auf digitalen Plattformen könnten eine Lösung sein.
Es gibt nicht zwangsläufig „zu viele Spiele“, sondern vielmehr ein Problem der Vermittlung. Plattformen müssen effektivere Wege finden, um Nutzern personalisierte und relevante Vorschläge zu unterbreiten.
Verbesserungspotenzial bei digitalen Schaufenstern
Obwohl Valve mit Steam bereits erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um die Entdeckung neuer Titel durch Algorithmen und von Nutzern erstellte Listen zu verbessern, ist das System noch lange nicht perfekt. Andere Plattformen wie der PlayStation Store oder der Microsoft Store haben hier oft noch größeren Nachholbedarf.
Besonders kritisch ist die Situation auf dem mobilen Markt. Obwohl es die größte Plattform mit den meisten Nutzern ist, sind die Entdeckungsfunktionen in den App Stores oft am wenigsten ausgereift und werden von wenigen großen Titeln dominiert.
Letztendlich zeigt die Studie, dass die Videospielindustrie aus sehr unterschiedlichen Kundengruppen besteht. Die Annahme eines homogenen Marktes ist ein Trugschluss. Der Erfolg der Branche hängt zunehmend davon ab, sowohl die Gelegenheitsspieler mit gezielten Angeboten zu erreichen als auch die kaufkräftigen Enthusiasten langfristig zu binden.





