Nintendo hat überraschend und ohne große Ankündigung ein neues Mobile-Spiel namens Fire Emblem Shadows für iOS und Android veröffentlicht. Der Titel kombiniert Elemente eines Taktikspiels mit sozialer Deduktion, ähnlich dem Prinzip von „Among Us“. Erste Analysen zeigen jedoch erhebliche Mängel im Spieldesign und ein stark auf Mikrotransaktionen ausgerichtetes Modell, das die eigentliche Spielmechanik untergräbt.
Wichtige Erkenntnisse
- Überraschende Veröffentlichung: Nintendo brachte Fire Emblem Shadows ohne die übliche Marketingkampagne auf den Markt.
- Fehlendes Spielprinzip: Die soziale Deduktion mit nur drei Spielern pro Runde ist mathematisch unausgewogen und bietet kaum Tiefe.
- Aggressive Monetarisierung: Das Spiel setzt stark auf ein Pay-to-Win-Modell, bei dem Echtgeld-Investitionen den Spielerfolg direkt beeinflussen.
- Automatisierte Kämpfe: Im Gegensatz zu traditionellen Fire Emblem-Spielen laufen die Kämpfe weitgehend automatisch ab, was die strategische Komponente reduziert.
Ein unerwarteter und stiller Start
Normalerweise kündigt Nintendo neue Spiele seiner bekannten Marken mit großem Aufwand an, oft im Rahmen von Präsentationen wie Nintendo Direct. Bei Fire Emblem Shadows wählte das Unternehmen jedoch einen anderen Weg. Das Spiel wurde am Mittwochabend vorgestellt und war sofort im App Store und bei Google Play verfügbar. Diese unauffällige Veröffentlichung sorgte bei Fans für Verwunderung.
Vor allem im Vergleich zum Erfolg von Fire Emblem Heroes, Nintendos anderem Mobile-Titel der Reihe, erscheint dieser Ansatz ungewöhnlich. Heroes hat sich als langlebiges und profitables Spiel etabliert. Die stille Einführung von Shadows deutete bereits darauf hin, dass es sich um ein experimentelleres oder möglicherweise problematisches Produkt handeln könnte.
Hintergrund: Fire Emblem auf Mobilgeräten
Mit Fire Emblem Heroes hat Nintendo bereits 2017 bewiesen, dass die Marke auf mobilen Plattformen erfolgreich sein kann. Das Spiel adaptierte die rundenbasierte Taktik der Hauptreihe für kürzere Spielsitzungen und setzte auf ein Gacha-Modell zum Sammeln von Charakteren. Shadows versucht nun, ein völlig anderes Spielkonzept innerhalb desselben Universums zu etablieren.
Spielmechanik: Eine Mischung aus Auto-Battler und Täuschung
Auf dem Papier klingt das Konzept von Fire Emblem Shadows interessant. Es verbindet das bekannte gitterbasierte Kampfsystem der Serie mit einem sozialen Täuschungselement. Ein Team aus drei Spielern tritt an, um gemeinsam Gegner auf einer Karte zu besiegen. Der entscheidende Unterschied: Einer der Spieler ist ein Saboteur, ein sogenannter „Schatten“, dessen Ziel es ist, das eigene Team unbemerkt zu schwächen.
Ablauf einer Spielrunde
Jede Partie ist in zwei Phasen unterteilt. In der ersten Runde kämpft das Team gegen computergesteuerte Monster. Diese Phase dient hauptsächlich dazu, das Verhalten der Mitspieler zu beobachten. Hat jemand einen Verbündeten angegriffen? Wurden Heilzauber bewusst zurückgehalten? Nach diesem Kampf findet eine Abstimmung statt, bei der die Spieler den vermeintlichen Schatten entlarven müssen.
Die zweite Runde ist ein asymmetrischer Kampf: Die beiden verbliebenen Spieler treten gegen den enttarnten Schatten an, der nun über spezielle Fähigkeiten verfügt und zusätzliche Gegner beschwören kann.
Automatisierte Kämpfe
Ein wesentliches Merkmal von Shadows ist, dass es sich nicht um ein klassisches rundenbasiertes Taktikspiel handelt. Die Charaktere bewegen sich und greifen automatisch an. Die Aufgabe des Spielers beschränkt sich darauf, Zauber wie Heilungen oder Angriffe per Drag-and-Drop auf das Spielfeld zu ziehen. Der Fokus liegt somit mehr auf dem Management von Abklingzeiten als auf strategischer Positionierung.
Die grundlegenden Designfehler des Spiels
Obwohl die Idee einer Taktik-Variante mit Täuschungselementen Potenzial hat, scheitert die Umsetzung in Fire Emblem Shadows an mehreren fundamentalen Problemen. Diese Mängel machen das Kernkonzept nahezu irrelevant.
Das Problem der kleinen Teams
Das größte Problem liegt in der Teamgröße. Da nur drei Spieler teilnehmen, von denen man selbst einer ist, reduziert sich die Wahl des Saboteurs auf eine 50-Prozent-Chance. Man muss lediglich zwischen den beiden anderen Spielern wählen. Echte Deduktion oder das Analysieren von Verhaltensmustern ist kaum notwendig oder möglich.
Die Runden sind zu kurz, um eine Beziehung zu den Mitspielern aufzubauen oder ein Verhaltensmuster zu erkennen. Ohne die Möglichkeit, über Chat oder Emotes zu kommunizieren, ist der soziale Aspekt des Spiels lachhaft dünn.
Die kurzen Runden, die oft nur wenige Minuten dauern, verhindern ebenfalls, dass sich eine komplexe Dynamik entwickeln kann. Es bleibt keine Zeit für subtile Täuschungsmanöver, da die Kämpfe schnell vorbei sind.
Fehlende Kommunikation
Ein weiteres kritisches Versäumnis ist das vollständige Fehlen von Kommunikationsmitteln. Spiele wie „Among Us“ leben von den Diskussionen und Anschuldigungen in den Abstimmungsrunden. In Fire Emblem Shadows gibt es weder einen Text- noch einen Voice-Chat. Selbst einfache Emotes fehlen. Dadurch wird die Abstimmung zu einem reinen Ratespiel ohne soziale Interaktion.
Pay-to-Win dominiert das Spielerlebnis
Der wohl schwerwiegendste Kritikpunkt ist das aggressive Monetarisierungssystem. Fire Emblem Shadows ist ein Paradebeispiel für ein Pay-to-Win-Spiel, bei dem der soziale Aspekt vollständig von der Stärke der Charaktere überschattet wird, die durch Echtgeldeinsatz erworben werden kann.
Spieler können ihre Helden aufleveln und stärkere Waffen und Zauber kaufen. Dies geschieht mit In-Game-Währungen, deren Erwerb durch den Einsatz von echtem Geld erheblich beschleunigt werden kann. Sogenannte „Edelsteine“ können in Paketen von 0,79 € bis zu 78 € erworben werden.
Ein Spieler, der Geld investiert, kann seine Charaktere so stark verbessern, dass er unabhängig vom Ausgang der Abstimmungsrunde gewinnt. Ob man als Schatten entlarvt wird oder nicht, spielt kaum eine Rolle, wenn die eigene Figur den Gegnern weit überlegen ist. Dies macht das gesamte Deduktionselement bedeutungslos.
Der Season Pass
Das Spiel verfügt auch über einen Season Pass mit einer kostenlosen und einer Premium-Stufe. Selbst auf dem kostenlosen Pfad müssen Spieler tägliche und wöchentliche Herausforderungen abschließen, um Belohnungen freizuschalten. Dieser Prozess kann ebenfalls durch den Einsatz von Edelsteinen übersprungen werden, was zahlenden Spielern einen weiteren Vorteil verschafft.
Belohnungen und Inhalte
Der Anreiz, Multiplayer-Runden zu gewinnen, ist gering. Als Belohnung winken weitere Währungen sowie die Freischaltung neuer Story-Kapitel. Diese werden in Form einfacher Visual-Novel-Segmente präsentiert. Zudem können „Rapport“-Punkte gesammelt werden, die kurze und oft belanglose Dialoge mit den Helden freischalten.
Die Charakterauswahl zum Start des Spiels besteht nicht aus bekannten Gesichtern der Fire Emblem-Reihe, sondern aus neuen Figuren mit einem auffälligen Design, das an Tiermenschen erinnert. Dieser Bruch mit der etablierten Ästhetik der Serie wurde in der Community ebenfalls gemischt aufgenommen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fire Emblem Shadows ein Experiment ist, dessen Kernideen an einer unausgereiften Umsetzung und einem übermächtigen Monetarisierungsmodell scheitern. Das Spielkonzept der sozialen Deduktion wird durch die Spielmechanik selbst ausgehebelt, was am Ende ein frustrierendes und oberflächliches Erlebnis hinterlässt.





