Rockstar Games, das Entwicklerstudio hinter der erfolgreichen „Grand Theft Auto“-Reihe, hat die Entlassung von mehr als 30 Mitarbeitern bestätigt. Das Unternehmen begründet den Schritt mit der Weitergabe vertraulicher Informationen. Eine Gewerkschaftsgruppe wirft dem Studio hingegen vor, gezielt gegen gewerkschaftliche Organisierungsversuche vorzugehen.
Die Entlassungen ereigneten sich vergangene Woche und werfen ein Schlaglicht auf die wachsenden Spannungen zwischen Management und Angestellten in der Videospielindustrie, insbesondere im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Veröffentlichung von Grand Theft Auto VI.
Das Wichtigste in Kürze
- Rockstar Games hat über 30 Mitarbeiter entlassen.
- Als offizieller Grund wird die Weitergabe von Firmengeheimnissen an Außenstehende genannt.
- Eine Arbeitnehmervertretung bezeichnet die Kündigungen als „Union-Busting“, also als Maßnahme zur Unterbindung gewerkschaftlicher Organisation.
- Der Vorfall ereignet sich in einer kritischen Phase der Entwicklung von Grand Theft Auto VI.
Offizielle Begründung von Rockstar Games
In einer offiziellen Stellungnahme erklärte ein Sprecher von Rockstar Games die Hintergründe der Entscheidung. Demnach hätten die betroffenen Mitarbeiter vertrauliche Unternehmensinformationen in einem Online-Forum geteilt, zu dem auch Personen außerhalb des Unternehmens Zugang hatten. Dieser Verstoß gegen die internen Richtlinien habe die Kündigungen unumgänglich gemacht.
Das Studio betont die Notwendigkeit, geistiges Eigentum und sensible Entwicklungsdetails zu schützen. Besonders bei einem Projekt von der Größenordnung wie Grand Theft Auto VI könnten Leaks nicht nur den Veröffentlichungszeitplan gefährden, sondern auch erhebliche finanzielle und kreative Schäden verursachen. Die Maßnahmen seien daher zum Schutz des Projekts und der verbleibenden Belegschaft ergriffen worden.
Die Bedeutung von Geheimhaltung in der Spielebranche
Für große Entwicklerstudios ist die Geheimhaltung vor einer offiziellen Ankündigung von entscheidender Bedeutung. Leaks können Marketingkampagnen untergraben, den Überraschungseffekt für Fans zunichtemachen und Konkurrenten wertvolle Informationen liefern. Die Entwicklung von „Triple-A“-Spielen wie GTA VI dauert oft viele Jahre und verschlingt Hunderte von Millionen Dollar, was den Schutz von Informationen zu einer Priorität macht.
Gewerkschaft spricht von Einschüchterung
Eine bekannte Arbeitnehmervertretung in der Spielebranche widerspricht der Darstellung von Rockstar Games entschieden. Die Organisation bezeichnete die Entlassungen als klaren Fall von „Union-Busting“. Ihrer Ansicht nach ist der Vorwurf der Informationslecks nur ein Vorwand, um Mitarbeiter einzuschüchtern, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und die Gründung einer Gewerkschaft einsetzen wollten.
Diese Anschuldigung fällt in eine Zeit, in der gewerkschaftliche Bewegungen in der gesamten Technologie- und Spielebranche an Dynamik gewinnen. Mitarbeiter fordern zunehmend bessere Bezahlung, geregeltere Arbeitszeiten und ein Ende der umstrittenen „Crunch Culture“ – Phasen exzessiver Überstunden kurz vor der Veröffentlichung eines Spiels.
„Die Kündigung von über 30 Mitarbeitern unter dem Deckmantel der Geheimhaltung ist ein klassisches Manöver, um die Belegschaft einzuschüchtern und jegliche Form der Organisation im Keim zu ersticken“, so ein Vertreter der Gewerkschaftsgruppe.
Die Gruppe argumentiert, dass die Entlassungen eine abschreckende Wirkung auf andere Mitarbeiter haben sollen, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Der Zeitpunkt der Kündigungen wird als strategisch gewählt angesehen, um die Dynamik der Bewegung zu brechen.
Ein angespannter Hintergrund
Die Vorwürfe gegen Rockstar Games stehen nicht im luftleeren Raum. Die Videospielindustrie sieht sich seit Jahren mit Kritik an ihren Arbeitsbedingungen konfrontiert. Berichte über Burnout, unbezahlte Überstunden und ein toxisches Arbeitsumfeld haben in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt und die Rufe nach einer stärkeren Arbeitnehmervertretung lauter werden lassen.
Zahlen aus der Branche
- Die Entwicklung von Grand Theft Auto V kostete Schätzungen zufolge rund 265 Millionen US-Dollar. Für GTA VI wird ein noch höheres Budget erwartet.
- Eine Umfrage der International Game Developers Association (IGDA) aus dem Jahr 2021 ergab, dass 43 % der Entwickler in den vorangegangenen zwei Jahren „Crunch“-Phasen erlebt hatten.
- In den letzten Jahren haben sich Mitarbeiter bei mehreren großen Studios wie Activision Blizzard und ZeniMax (Muttergesellschaft von Bethesda) erfolgreich gewerkschaftlich organisiert.
Rockstar Games selbst war in der Vergangenheit wiederholt wegen seiner intensiven Arbeitskultur in die Kritik geraten. Vor der Veröffentlichung von Red Dead Redemption 2 im Jahr 2018 wurde über 100-Stunden-Wochen berichtet, was eine branchenweite Debatte über die Nachhaltigkeit solcher Praktiken auslöste. Das Unternehmen hat seitdem erklärt, Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance ergriffen zu haben.
Auswirkungen auf Grand Theft Auto VI
Die Entlassungen und die damit verbundenen Kontroversen könnten auch die Entwicklung des mit Hochspannung erwarteten Spiels Grand Theft Auto VI beeinflussen. Der Verlust von über 30 Mitarbeitern, unabhängig vom Grund, stellt eine personelle Herausforderung dar. Die verbleibende Belegschaft könnte durch den Vorfall verunsichert sein, was sich negativ auf die Moral und Produktivität auswirken könnte.
Der geplante Veröffentlichungstermin für GTA VI ist derzeit für Mai 2026 angesetzt. Ob die aktuellen Ereignisse diesen Zeitplan beeinflussen werden, ist unklar. Für Rockstar Games und seinen Mutterkonzern Take-Two Interactive steht viel auf dem Spiel. Der Vorgänger, GTA V, hat sich über 200 Millionen Mal verkauft und ist eines der erfolgreichsten Unterhaltungsprodukte aller Zeiten.
Die kommenden Wochen werden zeigen, wie sich die Situation entwickelt. Es bleibt abzuwarten, ob die entlassenen Mitarbeiter rechtliche Schritte einleiten und wie die breitere Entwickler-Community auf die widersprüchlichen Darstellungen des Vorfalls reagieren wird. Der Konflikt bei Rockstar Games ist symptomatisch für einen grundlegenden Wandel, der sich derzeit in der gesamten Videospielindustrie vollzieht.





