Die israelische Firma NSO Group, bekannt für ihre umstrittene Überwachungssoftware Pegasus, wurde von einer amerikanischen Investmentgruppe übernommen. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte, dass die Investoren die Kontrollmehrheit erworben haben, die operative Steuerung jedoch in Israel verbleiben soll.
Wichtige Fakten
- Eine US-Investmentgruppe unter der Leitung des Hollywood-Produzenten Robert Simonds hat die NSO Group übernommen.
- Die Investition beläuft sich auf einen zweistelligen Millionen-Dollar-Betrag.
- Trotz der Übernahme bleiben der Hauptsitz und die operative Kontrolle des Unternehmens in Israel und unterliegen weiterhin der israelischen Regulierung.
- NSO-Mitbegründer Omri Lavie wird im Zuge der Transaktion seine Beteiligung am Unternehmen beenden.
- Das Unternehmen steht seit 2021 auf einer schwarzen Liste der US-Regierung, was den Handel mit amerikanischen Firmen verbietet.
Details zur Übernahme durch US-Gruppe
Die NSO Group hat einen neuen Mehrheitseigentümer. Eine amerikanische Investmentgruppe hat nach Angaben des Unternehmenssprechers Oded Hershowitz einen zweistelligen Millionenbetrag investiert und damit die Kontrolle übernommen. Die genaue Summe sowie die Identität aller Investoren wurden nicht offengelegt.
Angeführt wird die Gruppe vom Hollywood-Produzenten Robert Simonds. Bereits im Jahr 2023 gab es Berichte, dass Simonds über seine Investmentfirma Interesse an einer Übernahme von NSO zeigte, ein Geschäft kam damals jedoch nicht zustande.
Operative Kontrolle bleibt in Israel
Trotz des Wechsels der Eigentumsverhältnisse betonte der Unternehmenssprecher, dass sich an der grundlegenden Struktur nichts ändern werde. "Diese Investition bedeutet nicht, dass das Unternehmen aus der israelischen regulatorischen oder operativen Kontrolle herausgelöst wird", erklärte Hershowitz.
Der Hauptsitz und das Kerngeschäft sollen weiterhin in Israel angesiedelt sein. Das Unternehmen untersteht auch in Zukunft der Aufsicht und Regulierung durch die zuständigen israelischen Behörden, einschließlich des Verteidigungsministeriums.
Hintergrund: Omri Lavies Abschied
Ein wichtiger Teil der neuen Vereinbarung ist das Ausscheiden des Mitbegründers und geschäftsführenden Vorsitzenden Omri Lavie. Er wird seine Tätigkeiten für den Spyware-Hersteller beenden. Lavie war eine der Schlüsselfiguren seit der Gründung des Unternehmens.
Eine Firma im Zentrum der Kontroverse
Die NSO Group ist seit ihrer Gründung eng mit Kontroversen verbunden. Ihre bekannteste Software, Pegasus, kann Mobiltelefone unbemerkt infiltrieren und auf alle Daten zugreifen, einschließlich Nachrichten, Anrufe, Kamera und Mikrofon.
Obwohl das Unternehmen stets betont, seine Technologie nur an Regierungen zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität zu verkaufen, haben zahlreiche Untersuchungen das Gegenteil bewiesen. Menschenrechtsorganisationen und Forschungsgruppen haben den Missbrauch der Software detailliert dokumentiert.
Weltweiter Missbrauch dokumentiert
Forscher von Institutionen wie dem Citizen Lab der Universität Toronto und Amnesty International haben Dutzende Fälle aufgedeckt, in denen Regierungen die NSO-Software gegen unliebsame Personen eingesetzt haben. Zu den Zielen gehörten:
- Journalisten
- Dissidenten
- Menschenrechtsverteidiger
Dieser Missbrauch wurde unter anderem in Ländern wie Ungarn, Indien, Mexiko, Marokko, Polen, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nachgewiesen.
Spannungen mit der US-Regierung
Die Beziehung zwischen der NSO Group und den Vereinigten Staaten ist seit Jahren angespannt. Das Unternehmen hatte lange behauptet, seine Software sei so konzipiert, dass sie keine US-Telefonnummern angreifen könne. Diese Behauptung diente wahrscheinlich dazu, die Chancen auf einen Eintritt in den US-Markt nicht zu gefährden.
Im Jahr 2021 änderte sich die Situation jedoch drastisch. Es wurde bekannt, dass die Pegasus-Software gegen etwa ein Dutzend US-Regierungsbeamte im Ausland eingesetzt worden war. Dieser Vorfall hatte unmittelbare Konsequenzen.
Auf der schwarzen Liste der USA
Kurz nach der Enthüllung setzte das US-Handelsministerium die NSO Group auf die sogenannte "Entities List". Diese Maßnahme verbietet es amerikanischen Unternehmen, mit den gelisteten Firmen Handel zu treiben. Für NSO war dies ein schwerer Schlag, der den Zugang zu US-Technologie und -Märkten blockierte.
Seitdem hat das Unternehmen wiederholt versucht, von dieser schwarzen Liste gestrichen zu werden. Berichten zufolge engagierte NSO dafür sogar eine Lobbyfirma mit Verbindungen zur Trump-Administration, bisher jedoch ohne Erfolg.
Sicherheitsforscher äußern Bedenken
Experten für Cybersicherheit sehen die Übernahme durch eine US-Gruppe mit Sorge. John Scott-Railton, ein leitender Forscher am Citizen Lab, der den Missbrauch von NSO-Software seit einem Jahrzehnt untersucht, äußerte sich kritisch.
"NSO ist ein Unternehmen mit einer langen Geschichte, in der es gegen amerikanische Interessen gehandelt und das Hacken amerikanischer Beamter unterstützt hat. In welcher Welt kann man einer solchen Person zutrauen, ein Unternehmen wie die NSO Group ordnungsgemäß zu beaufsichtigen?", sagte Scott-Railton mit Bezug auf Simonds.
Scott-Railton äußerte zudem die Befürchtung, dass NSO weiterhin versuchen könnte, seine Produkte an amerikanische Polizeibehörden zu verkaufen. "Diese Diktator-Technologie gehört nirgendwo in die Nähe von Amerikanern oder unseren verfassungsmäßig geschützten Rechten oder Freiheiten", fügte er hinzu.
Die wechselvolle Eigentümergeschichte der NSO Group
Die aktuelle Übernahme ist nicht die erste in der Geschichte des Unternehmens. Die Eigentümerstruktur der NSO Group hat sich im Laufe der Jahre mehrfach geändert, was die volatile Natur ihres Geschäfts widerspiegelt.
- Gründung: Das Unternehmen wurde von Niv Karmi, Shalev Hulio und Omri Lavie gegründet.
- 2014: Die amerikanische Private-Equity-Firma Francisco Partners erwarb die NSO Group.
- 2019: Die Gründer Lavie und Hulio kauften das Unternehmen mit Hilfe der europäischen Private-Equity-Firma Novalpina zurück.
- 2021: Nach internen Streitigkeiten bei Novalpina übernahm die in Kalifornien ansässige Berkeley Research Group die Verwaltung des Fonds, der NSO kontrollierte.
- 2023: Mitbegründer Omri Lavie übernahm erneut die Kontrolle als Mehrheitseigentümer.
- 2024: Eine von Robert Simonds geführte US-Investmentgruppe erwirbt die Kontrollmehrheit.
Diese jüngste Entwicklung markiert ein neues Kapitel für den umstrittenen Spyware-Hersteller. Obwohl die operative Kontrolle in Israel verbleibt, wirft der Einstieg amerikanischer Investoren neue Fragen über die zukünftige Ausrichtung und Regulierung des Unternehmens auf.





