Eine neue Studie offenbart die tiefgreifende Abhängigkeit von Spieleentwicklern von der Vertriebsplattform Steam. Fast drei Viertel der befragten Branchenvertreter sind der Meinung, dass die Plattform von Valve eine Monopolstellung auf dem PC-Spielemarkt innehat. Für die Mehrheit der Studios generiert Steam den Löwenanteil des Gesamtumsatzes.
Die Untersuchung, die von der PC-Vertriebsplattform Rokky in Auftrag gegeben wurde, beleuchtet die aktuelle Landschaft des digitalen Spielevertriebs. Während die Dominanz von Steam unbestritten ist, zeigt sich gleichzeitig ein wachsender Trend zur Diversifizierung der Vertriebskanäle, da Entwickler nach neuen Wegen suchen, um ihre Zielgruppen zu erreichen und ihre Einnahmen zu steigern.
Wichtige Erkenntnisse
- 72 % der befragten Entwickler glauben, dass Steam ein Monopol auf dem PC-Spielemarkt hat.
- Für die Mehrheit der Studios ist Steam für über 75 % des Gesamtumsatzes verantwortlich.
- Trotz der Abhängigkeit nutzen bereits 48 % der Entwickler auch alternative Plattformen wie den Epic Games Store und den Xbox PC Games Store.
- 80 % der Befragten erwarten, innerhalb der nächsten fünf Jahre neben Steam auch alternative Vertriebskanäle zu nutzen.
Steams unangefochtene Marktstellung
Die Ergebnisse der Studie „The State of PC Game Distribution“ zeichnen ein klares Bild von der Marktmacht, die Steam in der PC-Spieleindustrie ausübt. Die Plattform, die von der Valve Corporation betrieben wird, ist für viele Entwicklerstudios nicht nur der wichtigste, sondern oft der alles dominierende Vertriebsweg.
Die Umfrage, die von Atomik Research durchgeführt wurde, befragte 306 Führungskräfte aus der Spielebranche in Großbritannien und den USA. Die Zusammensetzung der Teilnehmer ist bemerkenswert: 75 % waren leitende Angestellte oder C-Level-Manager, und 77 % stammten aus Studios mit mehr als 50 Mitarbeitern. Dies deutet darauf hin, dass die Ergebnisse vor allem die Perspektive größerer und etablierter Unternehmen widerspiegeln.
Abhängigkeit in Zahlen
Die Studie ergab, dass für die Mehrheit der teilnehmenden Studios Steam für mehr als 75 % ihres gesamten Umsatzes verantwortlich ist. Diese Zahl unterstreicht die enorme finanzielle Abhängigkeit, in der sich viele Entwickler befinden.
Diese Konzentration auf eine einzige Plattform wird von vielen kritisch gesehen. 72 Prozent der Befragten gaben an, dass Steam ihrer Meinung nach ein Monopol auf dem Markt für PC-Spiele hat. Mehr als die Hälfte der Entwickler äußerte zudem das Gefühl, sich zu stark auf Steam zu verlassen, um ihre Spiele zu vertreiben.
Die Suche nach Alternativen wächst
Trotz der Vormachtstellung von Steam suchen Entwickler aktiv nach alternativen Vertriebswegen. Der Markt hat sich in den letzten Jahren diversifiziert, und andere große Akteure haben an Bedeutung gewonnen. Die Studie zeigt, dass Studios zunehmend eine Multi-Plattform-Strategie verfolgen.
Digitale Konkurrenten gewinnen an Boden
Die prominentesten Alternativen zu Steam sind der Epic Games Store und der Xbox PC Games Store. Fast die Hälfte der befragten Entwickler (48 %) hat bereits Titel auf beiden Plattformen veröffentlicht. Diese Stores locken Entwickler oft mit günstigeren Umsatzbeteiligungsmodellen oder exklusiven Deals.
Weitere Plattformen spielen ebenfalls eine Rolle, wenn auch in kleinerem Umfang:
- GOG (Good Old Games): 10 % der Befragten nutzen diese Plattform, die für ihren Fokus auf DRM-freie Spiele bekannt ist.
- Itch.io: 8 % der Studios vertreiben ihre Spiele über Itch.io, eine Plattform, die besonders bei unabhängigen Entwicklern beliebt ist.
Fokus auf große Studios
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die Umfrage „von größeren Unternehmen mit vielfältigen Portfolios dominiert“ wird. Dies erklärt, warum Plattformen wie der Epic Games Store eine höhere Nutzungsrate aufweisen als Itch.io, das sich primär an Indie-Entwickler richtet. Die tatsächliche Nutzung von Itch.io in der gesamten Branche könnte daher höher sein.
Mehr als nur digitale Storefronts
Der Vertrieb von PC-Spielen beschränkt sich nicht nur auf große, integrierte Plattformen. Eine Vielzahl anderer Kanäle bietet Entwicklern zusätzliche Möglichkeiten, ihre Produkte zu verkaufen und neue Käuferschichten zu erschließen.
Überraschenderweise hat auch der physische Vertrieb noch nicht ausgedient. Laut der Studie veröffentlichen 32 % der Entwickler einige ihrer Spiele weiterhin auf physischen Medien wie Discs, Cartridges oder in Form von „Keys-in-Boxes“, bei denen eine physische Verpackung nur einen digitalen Download-Code enthält.
Darüber hinaus gewinnen alternative digitale Marktplätze und E-Stores an Bedeutung. Dazu gehören:
- Schlüssel-Marktplätze: Plattformen wie G2A und Kinguin bieten eine weitere Vertriebsmöglichkeit.
- E-Stores und Bundles: Anbieter wie Fanatical und Humble Bundle sind für ihre kuratierten Spielepakete und Rabattaktionen bekannt.
Entwickler nannten mehrere Vorteile dieser Kanäle, darunter einfache Handhabung, Kontrolle über die Preisgestaltung, Unterstützung bei Werbeaktionen und eine große internationale Reichweite.
„Mit der wachsenden Bedeutung von E-Stores und Marktplätzen ist der Vertrieb von PC-Spielen vielfältiger, umfangreicher und komplexer als je zuvor“, so Vadim Andreev, Mitbegründer und CEO von Rokky. „Neue Möglichkeiten gibt es überall – ebenso wie Fallstricke und Herausforderungen.“
Der Blick in die Zukunft
Die Branche befindet sich im Wandel. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Diversifizierung der Vertriebskanäle in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. Die Abhängigkeit von Steam könnte dadurch langfristig abnehmen.
Eine überwältigende Mehrheit von 80 % der Befragten erwartet, innerhalb der nächsten fünf Jahre neben Steam auch alternative Kanäle zu nutzen. Dies signalisiert einen klaren strategischen Wandel in der Branche.
Die finanziellen Erwartungen sind ebenfalls hoch. 75 % der Entwickler prognostizieren, dass sie durch die Nutzung von Marktplätzen und E-Stores eine Umsatzsteigerung von mindestens 10 % erzielen werden. Diese Kanäle werden als wichtige Ergänzung zum Hauptgeschäft auf Steam gesehen.
Allerdings gibt es auch Bedenken. Die Befragten äußerten Sorgen hinsichtlich des Graumarktes, insbesondere bei der Nutzung von Schlüssel-Marktplätzen. Ein potenzieller Kontrollverlust über die eigenen Produkte und deren Preisgestaltung ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, der Entwickler beschäftigt. Die Herausforderung für die Zukunft wird darin bestehen, die Chancen der neuen Vertriebswege zu nutzen, ohne die damit verbundenen Risiken zu ignorieren.





