Das auf Lohn- und Personalbuchhaltung spezialisierte Softwareunternehmen Gusto hat die Übernahme von Guideline, einem Anbieter für betriebliche Altersvorsorgepläne, vereinbart. Der Kaufpreis für das Startup soll sich Berichten zufolge auf rund 600 Millionen US-Dollar belaufen, obwohl die offiziellen Konditionen der Transaktion nicht bekannt gegeben wurden.
Wichtige Fakten
- Gusto übernimmt das Fintech-Startup Guideline, mit dem es seit 2015 eine Partnerschaft unterhält.
- Der Kaufpreis wird auf etwa 600 Millionen US-Dollar geschätzt, was deutlich unter der letzten Bewertung von Guideline in Höhe von 1,15 Milliarden US-Dollar liegt.
- Guideline ist seit über einem Jahr profitabel und erwirtschaftete zuletzt einen annualisierten wiederkehrenden Umsatz von 140 Millionen US-Dollar.
- Berichten zufolge plant Gusto, die Kundenkonten von Guideline, die über konkurrierende Lohnbuchhaltungsdienste laufen, zu veräußern.
Ein strategischer Zukauf im HR-Tech-Sektor
Gusto, ein etablierter Anbieter von Software für Lohnbuchhaltung und Personalwesen (HR), hat eine Vereinbarung zur Übernahme von Guideline bekannt gegeben. Guideline ist ein Startup, das sich darauf spezialisiert hat, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) die Einrichtung und Verwaltung von 401(k)-Altersvorsorgeplänen zu erleichtern.
Die beiden Unternehmen verbindet eine langjährige Geschäftsbeziehung. Bereits seit 2015 bietet Gusto seinen Kunden die Altersvorsorgepläne von Guideline als integrierte Lösung an. Mit der vollständigen Übernahme vertieft Gusto nun sein Angebot im Bereich der betrieblichen Zusatzleistungen und sichert sich eine Schlüsseltechnologie.
Wer sind die beteiligten Unternehmen?
Gusto wurde 2011 gegründet und wird aktuell mit 9,3 Milliarden US-Dollar bewertet. Das Unternehmen bietet eine Cloud-basierte Plattform für Lohnabrechnung, Sozialleistungen und Personalmanagement für KMU.
Guideline, gegründet 2015 von Kevin Busque, einem Mitgründer von TaskRabbit, hat das Ziel, die betriebliche Altersvorsorge zu vereinfachen. Das Geschäftsmodell basiert auf einer festen Gebühr pro Mitarbeiter anstelle der branchenüblichen prozentualen Gebühr auf das verwaltete Vermögen.
Analyse der finanziellen Konditionen
Obwohl die offiziellen finanziellen Details der Übernahme nicht veröffentlicht wurden, berichten mit der Transaktion vertraute Quellen von einem Kaufpreis in Höhe von rund 600 Millionen US-Dollar. Eine genaue Aufschlüsselung in Bar- und Aktienanteile konnte nicht bestätigt werden.
Diese Summe liegt deutlich unter der letzten offiziellen Bewertung von Guideline. Im Jahr 2021 sammelte das Startup in einer Series-D-Finanzierungsrunde 200 Millionen US-Dollar ein, was zu einer Bewertung von 1,15 Milliarden US-Dollar führte. Insgesamt hat Guideline seit seiner Gründung 340 Millionen US-Dollar an Risikokapital erhalten.
Rendite für Investoren trotz niedrigerem Preis
Trotz der Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis und der früheren Bewertung dürften die frühen Investoren von Guideline eine positive Rendite erzielen. Zu den Kapitalgebern der ersten Stunde gehören namhafte Firmen wie Felicis, Tiger Global und NEA.
Auch General Atlantic, das die Series-D-Runde anführte, wird voraussichtlich einen kleinen Gewinn aus seiner Investition realisieren können. Die genauen Renditen hängen von den individuellen Einstiegszeitpunkten und Anteilen ab.
Guideline in Zahlen
- Gründung: 2015
- Gesamtfinanzierung: 340 Millionen US-Dollar
- Letzte Bewertung: 1,15 Milliarden US-Dollar (2021)
- Annualisierter Umsatz (ARR): 140 Millionen US-Dollar (Stand Januar)
Unklare Zukunft für Partner-Konten
Eine interessante strategische Frage ergibt sich aus der Kundenstruktur von Guideline. Das Unternehmen arbeitet nicht exklusiv mit Gusto zusammen. Kunden können Altersvorsorgepläne auch über konkurrierende Lohnbuchhaltungsanbieter wie ADP, Intuit, Paylocity, TriNet und Rippling einrichten.
Drei mit dem Vorgang vertraute Quellen gaben an, dass Gusto plant, die mit diesen Wettbewerbern verbundenen Kundenkonten zu verkaufen. Die Erlöse aus diesen Verkäufen sollen demnach zwischen den Aktionären von Gusto und Guideline aufgeteilt werden, was die Rendite für die Investoren weiter erhöhen könnte.
Ein Sprecher von Guideline bezeichnete den Kaufpreis von 600 Millionen US-Dollar als „inkorrekt“, ohne jedoch weitere Details zu nennen. Zudem widersprach er den Plänen, sich von Kunden zu trennen, die über andere Partner an Bord kamen.
Gusto lehnte eine Stellungnahme zum Kaufpreis und zu den Veräußerungsplänen ab. Die zukünftige Handhabung dieser Partnerschaften bleibt daher vorerst unklar.
Marktumfeld und Wettbewerbsdruck
Die Gründe für den Verkauf von Guideline sind nicht vollständig transparent, insbesondere da das Unternehmen nach eigenen Angaben seit über einem Jahr profitabel arbeitet. Der Markt für betriebliche Altersvorsorgelösungen für KMU ist jedoch hart umkämpft.
Der schärfste Konkurrent von Guideline ist Human Interest, ein von SoftBank und Baillie Gifford unterstütztes Unternehmen. Human Interest verzeichnete im vergangenen Jahr ein Wachstum von 70 % und erwartet, bis Ende des Jahres profitabel zu sein, wie CEO Jeff Schneble erklärte.
Jüngsten Berichten zufolge befindet sich Human Interest in Gesprächen über eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von 200 Millionen US-Dollar, die das Unternehmen mit 3 Milliarden US-Dollar bewerten würde – eine Verdopplung seiner Bewertung im Vergleich zum Vorjahr. Dieser wachsende Wettbewerbsdruck könnte eine Rolle bei der Entscheidung von Guideline für den Verkauf an einen strategischen Partner wie Gusto gespielt haben.





