Die US-Forschungsbehörde DARPA hat einen detaillierten Plan zur Entwicklung einer kommerziellen Wirtschaft auf dem Mond vorgestellt. Ein neuer Leitfaden, der im Rahmen der „LunA-10“-Initiative entwickelt wurde, skizziert die technologischen und logistischen Schritte, die notwendig sind, um in den nächsten zehn Jahren einen funktionierenden Markt auf dem Erdtrabanten zu etablieren. Im Zentrum der Überlegungen steht der Abbau von Rohstoffen, obwohl die wirtschaftliche Machbarkeit noch unklar ist.
Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) ist bekannt für die Förderung zukunftsweisender Technologien. Mit ihrem neuesten Projekt richtet sie den Blick auf den Mond und will die Grundlagen für eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung legen. Der Plan soll privaten Unternehmen einen Rahmen bieten, um in die notwendige Infrastruktur zu investieren.
Wichtige Erkenntnisse
- Die DARPA hat die Initiative „LunA-10“ gestartet, um eine Mondwirtschaft innerhalb von zehn Jahren zu ermöglichen.
- Ein neuer „Field Guide“ beschreibt die erforderlichen Technologien für Energie, Kommunikation und Transport auf dem Mond.
- Der Abbau von Rohstoffen wie Seltenerdelementen wird als vielversprechendster Wirtschaftszweig angesehen.
- Zu den größten Herausforderungen zählen die extremen Temperaturschwankungen und die hohen Kosten für Weltraumversicherungen.
- Laut DARPA-Experten ist die Frage, welche Aktivitäten auf dem Mond tatsächlich profitabel sind, noch offen.
Ein Leitfaden für die lunare Wirtschaft
Die Vision einer wirtschaftlichen Nutzung des Mondes wird in einem neuen Dokument konkretisiert: „The Commercial Lunar Economy Field Guide: A Vision for Industry on the Moon in the Next Decade“. Veröffentlicht von der Air University Press, versammelt der Leitfaden auf 23 Kapiteln die Expertise von über 130 Autoren.
Das Dokument dient als umfassendes Handbuch, das die technologischen Konzepte für eine außerirdische Wirtschaftsentwicklung detailliert beschreibt. Es zielt darauf ab, selbsttragende und monetarisierbare Dienstleistungen zu definieren, die zukünftigen Käufern und Verkäufern auf dem Mond angeboten werden können. Die Initiative soll eine Brücke zwischen staatlicher Forschung und privatwirtschaftlichem Engagement schlagen.
Die zentralen Bausteine der Infrastruktur
Der Leitfaden konzentriert sich auf grundlegende Dienstleistungen, die als Fundament für jede kommerzielle Aktivität auf dem Mond dienen. Dazu gehören:
- Energieversorgung: Zuverlässige Stromquellen, die sowohl während des sonnigen Mondtages als auch in der kalten Mondnacht funktionieren.
- Kommunikation: Ein stabiles Netzwerk für den Datenaustausch zwischen Mond, Erde und Objekten im Mondorbit.
- Navigation: Präzise Positionsbestimmung, Navigation und Zeitmessung (PNT), ähnlich dem GPS auf der Erde.
Diese Infrastruktur soll es privaten Unternehmen ermöglichen, ihre eigenen Geschäftsmodelle zu entwickeln, sei es im Bereich Transport, Forschung oder Rohstoffabbau.
Praktische Hürden und unerwartete Probleme
Michael Nayak, Programmmanager bei DARPA und Herausgeber des Leitfadens, erklärte, dass die Arbeit an dem Dokument einige unerwartete Herausforderungen aufzeigte. „Es ist eine umfangreiche Übung, die einem klarmacht, wie viel Arbeit noch geleistet werden muss, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen“, so Nayak.
Was ist die DARPA?
Die Defense Advanced Research Projects Agency ist eine Behörde des US-Verteidigungsministeriums, die für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien für das Militär zuständig ist. Viele ihrer Projekte, wie das Internet (ARPANET) oder GPS, hatten weitreichende zivile Anwendungen und haben die moderne Welt maßgeblich geprägt.
Zwei spezifische Probleme kristallisierten sich als besonders kritisch heraus. Eines davon betrifft die Finanzierung und Absicherung der Missionen.
„Eine große Überraschung war die unerwartete Rolle der Weltraumversicherung bei kommerziellen Aktivitäten, ein riesiger Kostentreiber und eine erhebliche Kostenbarriere.“Michael Nayak, DARPA-Programmmanager
Nayak betonte, dass für ein funktionierendes kommerzielles Ökosystem das Risiko für Versicherungsunternehmen verständlicher und kalkulierbarer gemacht werden müsse. Ohne bezahlbare Versicherungen bleiben die Investitionen für viele private Akteure zu hoch.
Die Herausforderung der Mondtemperaturen
Ein weiteres fundamentales Problem sind die extremen Temperaturschwankungen auf der Mondoberfläche. Die Temperaturen können von etwa +120 Grad Celsius bei direktem Sonnenlicht bis auf unter -170 Grad Celsius in der Nacht fallen.
„Die Fähigkeit, die Wärme zu bewältigen, die beispielsweise durch Bohren und schwere Maschinen entsteht, ist ein riesiges, grundlegendes Problem“, erklärte Nayak. Maschinen benötigen komplexe Systeme, um je nach Situation zu heizen oder zu kühlen. Ein kommerzielles System, das nur während der sonnigen Stunden arbeiten kann, ist laut dem Leitfaden nicht überlebensfähig.
Was lässt sich auf dem Mond monetarisieren?
Die zentrale Frage, die Investoren und die DARPA gleichermaßen beschäftigt, lautet: Was ist auf dem Mond wirklich profitabel? Laut Nayak ist diese Frage noch unbeantwortet. „Wir haben mit vielen Investoren gesprochen, die sehr an der Raumfahrt interessiert sind“, sagte er. „Aber was die Antwort auf die Schlüsselfrage angeht – Was ist auf dem Mond monetarisierbar? – denke ich, das ist noch eine offene Frage.“
Der Wettlauf um Mondressourcen
Neben den USA planen auch andere Nationen und private Unternehmen Missionen zum Mond, um potenzielle Ressourcen zu untersuchen. Insbesondere die vermuteten Wassereisvorkommen in den Polarregionen gelten als strategisch wichtig, da Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten und als Raketentreibstoff genutzt werden könnte.
Der Leitfaden identifiziert den Bergbau als die derzeit wahrscheinlichste kommerzielle Anwendung. Die entscheidenden Unbekannten sind jedoch, welche Rohstoffe in welcher Konzentration vorhanden sind und ob sich ihr Abbau wirtschaftlich lohnt.
Seltene Erden und Platinmetalle als Hoffnungsträger
Basierend auf geologischen Annahmen, die von der Erde abgeleitet sind, gibt es zwei Hauptkandidaten für einen lukrativen Bergbau:
- Seltenerdelemente: Diese Metalle sind für viele moderne Technologien, von Smartphones bis zu Elektroautos, unerlässlich. Um ihr Vorkommen auf dem Mond zu bestätigen, sind jedoch weitere Daten erforderlich.
- Platingruppenmetalle: Diese wertvollen Metalle würden, falls sie auf dem Mond existieren, wahrscheinlich tief unter der Oberfläche liegen. Ihr Abbau wäre extrem energieintensiv.
Nayak bleibt vorsichtig: „Das sind die besten Schätzungen, basierend darauf, wie die Geologie der Erde funktioniert. Aber wir wissen nicht, ob das eine gute Annahme für den Mond ist.“
Die nächsten Schritte: Mehr Daten sammeln
Um die Wissenslücken zu schließen, hat die DARPA ein weiteres Programm namens LASSO (Lunar Assay via Small Satellite Orbiter) ins Leben gerufen. Das Ziel von LASSO ist es, mit kleinen Satelliten aus einer niedrigen Umlaufbahn hochauflösende Messungen der gesamten Mondoberfläche durchzuführen. Diese Daten sollen helfen, Ressourcenlagerstätten präzise zu kartieren.
„Wenn es einen kommerziellen Wert gibt, zumindest basierend auf dem, was wir jetzt wissen, würde ich argumentieren, dass er im Untergrund des Mondes liegt“, schloss Nayak. Die Erforschung des Monduntergrunds ist der Schlüssel zur Beantwortung der Frage nach der wirtschaftlichen Rentabilität.
In seinem Schlusswort im Leitfaden fasst Nayak die bevorstehende Aufgabe zusammen: „Sich die Zukunft vorzustellen ist einfach. Sie in die Gegenwart zu ziehen und real zu machen, ist es nicht.“ Er hofft, dass die Arbeit als Inspiration dient, um die gewaltige Aufgabe gemeinsam anzugehen. Die Zeit zum Handeln sei jetzt.





