In einer Zeit, in der die ständige Erreichbarkeit zur Norm geworden ist, fühlen sich viele Menschen an ihr Smartphone gefesselt. Eine neue physische Lösung namens Brick will nun Abhilfe schaffen, indem sie den Zugriff auf ablenkende Apps gezielt blockiert und Nutzern hilft, die Kontrolle über ihre digitale Zeit zurückzugewinnen.
Das Gerät, das etwa die Größe eines Kartenspiels hat, zwingt zu einer bewussten Entscheidung, bevor man sich wieder in die digitale Welt stürzt. Es ist eine radikale Abkehr von reinen Software-Lösungen, die oft leicht zu umgehen sind.
Das Wichtigste in Kürze
- Brick ist ein physisches Gerät, das in Verbindung mit einer App den Zugriff auf ausgewählte Smartphone-Anwendungen blockiert.
- Im Gegensatz zu Software-Sperren gibt es keine einfachen Umgehungsmöglichkeiten wie Passwörter oder Zeitverlängerungen.
- Das Ziel ist es, eine „Reibung“ zu erzeugen, die impulsive Handynutzung unterbricht und zu bewussteren Entscheidungen führt.
- Nutzer berichten von positiven Effekten wie mehr Konzentration, besseren sozialen Kontakten und der Wiederentdeckung von Hobbys.
Das Problem der ständigen Ablenkung
Die Verlockung des Smartphones ist allgegenwärtig. Benachrichtigungen, endlose Feeds und die Angst, etwas zu verpassen, führen zu einem Verhalten, das oft als „Doomscrolling“ bezeichnet wird. Selbst Menschen, die beruflich in den sozialen Medien tätig sind und die Mechanismen der Plattformen verstehen, sind nicht immun gegen die Suchtgefahr.
Die ständige Stimulation durch digitale Inhalte füllt jede freie Minute – sei es im Bus, in der Warteschlange oder während einer kurzen Pause. Dies führt dazu, dass Momente der Langeweile, die für Kreativität und Selbstreflexion wichtig sind, immer seltener werden.
Alarmierende Nutzungsdaten
Eine Untersuchung zeigte, dass mehr als drei Viertel der TikTok-Nutzer, die ursprünglich etwa 30 Minuten pro Tag auf der App verbrachten, nach nur einem Monat ihre Nutzungszeit fast verdoppelten. Einige verbrachten sogar mehr als vier Stunden täglich auf der Plattform.
Diese intensive Nutzung ist kein Zufall. Algorithmen sind darauf ausgelegt, die Aufmerksamkeit der Nutzer so lange wie möglich zu binden. Das Ergebnis ist eine fragmentierte Wahrnehmung und das Gefühl, ständig online sein zu müssen, selbst wenn man eigentlich abschalten möchte.
Wie Brick funktioniert
Brick bietet einen grundlegend anderen Ansatz zur Reduzierung der Bildschirmzeit. Es handelt sich nicht um eine weitere App, die man ignorieren kann, sondern um ein physisches Objekt, das eine bewusste Handlung erfordert.
Ein einfacher, aber effektiver Mechanismus
Der Prozess ist unkompliziert gestaltet. Zuerst lädt der Nutzer die zugehörige Brick-App herunter. Darin wählt er aus, welche Anwendungen – zum Beispiel Social Media, E-Mail-Programme oder Messenger-Dienste – für einen bestimmten Zeitraum gesperrt werden sollen.
Um die Sperre zu aktivieren, muss das Smartphone physisch auf das Brick-Gerät gelegt werden. Über eine Technologie, die dem kontaktlosen Bezahlen ähnelt, wird die Sperre aktiviert. Von diesem Moment an sind die ausgewählten Apps nicht mehr zugänglich.
„Unsere Telefone standen unserem Leben eher im Weg, als es zu bereichern. Wir konnten keine gute Lösung für dieses Problem finden, also haben wir eine einfache, physische Möglichkeit entwickelt, um die Kontrolle zurückzugewinnen.“
Um die Apps wieder freizuschalten, muss man physisch zum Brick zurückkehren und das Telefon erneut darauflegen. Diese Handlung dient als eine Art Bestätigungsritual. Es gibt keine Passwörter oder „Nur noch 15 Minuten“-Optionen, die die Sperre aufheben könnten. Für echte Notfälle stehen den Nutzern fünf „Notfall-Entsperrungen“ zur Verfügung, die von überall aus genutzt werden können.
Die Auswirkungen einer „gebrickten“ Lebensweise
Die Erfahrung, bestimmte Apps nicht mehr impulsiv nutzen zu können, führt bei vielen Anwendern zu überraschenden Erkenntnissen. Es geht nicht nur darum, weniger Zeit auf Instagram oder TikTok zu verbringen, sondern darum, die eigene Beziehung zur Technologie grundlegend zu überdenken.
Mehr als nur weniger Bildschirmzeit
Nutzer berichten, dass sie durch die erzwungenen Pausen wieder zu Aktivitäten finden, für die sie lange keine Zeit mehr hatten. Dazu gehören:
- Lesen: Die Zeit im öffentlichen Nahverkehr wird wieder zum Lesen genutzt, anstatt durch Feeds zu scrollen.
- Kreativität: Hobbys wie Malen oder Musizieren werden wieder aufgenommen.
- Echte soziale Kontakte: Anstatt Textnachrichten zu schreiben, werden wieder vermehrt Telefonate geführt oder persönliche Gespräche ohne digitale Ablenkung genossen.
Die bewusste Entscheidung, das Handy wegzulegen, schafft Raum für tiefere Konzentration und klarere Gedanken. Die Stille, die entsteht, wenn die ständige Flut von Benachrichtigungen versiegt, wird nicht mehr als Lücke empfunden, die gefüllt werden muss, sondern als wertvoller Freiraum.
Die Psychologie der Reibung
Das Konzept hinter Brick basiert auf dem psychologischen Prinzip der „Reibung“. Indem der Zugriff auf eine gewohnheitsmäßige Handlung (das Öffnen einer App) erschwert wird, wird der automatische Impuls unterbrochen. Der Nutzer wird gezwungen, innezuhalten und zu fragen: „Brauche ich das jetzt wirklich?“ Diese kurze Pause reicht oft aus, um die Gewohnheitsschleife zu durchbrechen und eine bewusstere Entscheidung zu treffen.
Ein weiterer Nebeneffekt ist die Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen. Freundschaften, die hauptsächlich auf dem digitalen „Auf-dem-Laufenden-Bleiben“ basierten, treten in den Hintergrund, während Beziehungen, die auf echten Gesprächen beruhen, gestärkt werden.
Ein Werkzeug zur Selbstbestimmung
Brick versteht sich nicht als endgültige Lösung für das Problem der Handysucht, sondern als ein Werkzeug, das den Nutzern hilft, ihre eigenen Gewohnheiten zu verstehen und zu verändern. Die Gründer, TJ Driver und Zach Nasgowitz, entwickelten das Gerät 2023 aus einem persönlichen Bedürfnis heraus.
Langfristig dient das Gerät vielen als ständige Erinnerung. Selbst wenn es nicht aktiv genutzt wird, symbolisiert seine Präsenz – zum Beispiel am Kühlschrank befestigt – die Möglichkeit, jederzeit eine bewusste digitale Pause einzulegen.
Die Erkenntnis ist klar: Technologieplattformen werden ihre Strategien zur Nutzerbindung nicht ändern. Die Verantwortung liegt beim Einzelnen, die eigene Beziehung zu diesen Geräten zu gestalten. Anstatt sich ausschließlich auf Willenskraft zu verlassen, die oft schnell erschöpft ist, bietet ein physisches Hindernis wie Brick eine greifbare und effektive Unterstützung, um die Kontrolle über die eigene Zeit und Aufmerksamkeit zurückzuerobern.





