Ben Kindel steht kurz davor, sich einem exklusiven Kreis von Eishockeyspielern anzuschließen, die ihr NHL-Debüt in derselben Saison geben, in der sie gedraftet wurden. Dieser direkte Sprung ist eine Seltenheit, insbesondere für Spieler, die nicht unter den ersten fünf Picks ausgewählt wurden, und wirft die Frage auf, welchen Weg seine Karriere einschlagen könnte.
Wichtige Erkenntnisse
- Der 18-jährige Ben Kindel hat die Chance, direkt nach seinem Draft in der NHL zu spielen, was als „Draft+1“-Saison bezeichnet wird.
- Historisch gesehen gelingt dieser Schritt meist nur den Top-Picks eines Draft-Jahrgangs.
- Spieler wie Zach Benson und Cole Sillinger sind seltene Beispiele für Nicht-Top-5-Picks, die sich eine ganze Saison im Team halten konnten.
- Andere Talente wie William Eklund oder Jett Luchanko absolvierten nur wenige Spiele, bevor sie zur Weiterentwicklung in andere Ligen geschickt wurden.
Die Exklusivität des direkten NHL-Einstiegs
Der Übergang vom Draft direkt in die National Hockey League ist eine enorme Herausforderung. Die meisten jungen Talente benötigen mehrere Jahre in Junioren- oder Entwicklungsligen, um sich an das Tempo, die Physis und das taktische Niveau des Profisports anzupassen.
In der Regel sind es die absolut besten Spieler eines Jahrgangs, die sogenannten „Generationentalente“, die diesen Sprung sofort schaffen. Die Statistiken der Saison 2024/25 bestätigen dieses Muster deutlich. Fünf im Jahr 2024 gedraftete Spieler kamen auf insgesamt 95 NHL-Einsätze.
Statistik der Draft-Klasse 2024
Von den 95 Spielen, die von Spielern des Draft-Jahrgangs 2024 absolviert wurden, entfielen allein 70 auf den Nummer-eins-Pick Macklin Celebrini. Zusammen mit Artyom Levshunov (Nummer zwei) waren es 88 von 95 Partien. Dies unterstreicht, wie sehr der Erfolg von Top-Picks dominiert wird.
Andere Spieler des gleichen Jahrgangs wie Ivan Demidov (5. Pick, zwei Spiele) und Zayne Parekh (9. Pick, ein Spiel) erhielten nur kurze Einsatzzeiten. Ben Kindels Situation ist daher besonders bemerkenswert, da er nicht zu dieser absoluten Spitze des Drafts gehört.
Vergleichbare Fälle aus den letzten Jahren
Um eine realistische Erwartung für Kindels erste Saison zu entwickeln, lohnt sich ein Blick auf Spieler in ähnlichen Positionen. Dabei werden die Top-5-Picks bewusst ausgeklammert, da ihre Entwicklung oft einem anderen Muster folgt. Stattdessen sind Spieler relevant, die außerhalb dieser Elitegruppe den Sprung geschafft haben.
Die Erfolgsgeschichten: Benson und Sillinger
Zach Benson von den Buffalo Sabres ist ein Paradebeispiel. Er wurde 2023 an 13. Stelle gedraftet und schaffte es, die gesamte Saison 2023/24 im NHL-Team zu verbringen. In 71 Spielen erzielte er beachtliche 30 Punkte (11 Tore, 19 Vorlagen). Seine Fähigkeit, sich als 18-Jähriger physisch und spielerisch durchzusetzen, macht ihn zu einer Ausnahme.
Ein ähnlicher Fall ist Cole Sillinger bei den Columbus Blue Jackets. Als 12. Pick des Jahres 2021 etablierte er sich sofort im Team. In seiner Draft+1-Saison 2021/22 absolvierte er 79 Spiele und sammelte 31 Punkte, darunter 16 Tore. Beide Spieler zeigen, dass eine volle NHL-Saison möglich ist, aber es bleibt die Ausnahme.
Was bedeutet „Draft+1“?
Der Begriff „Draft+1“ bezeichnet die erste Saison nach dem NHL Entry Draft eines Spielers. Wenn ein Spieler in dieser Saison sein Debüt gibt, insbesondere wenn er erst 18 Jahre alt ist, gilt dies als Zeichen für außergewöhnliches Talent und Reife.
Die Kurzauftritte: Eklund und Luchanko
Nicht jeder Spieler, der den Sprung schafft, bleibt die ganze Saison. Oft geben Teams ihren Talenten die Chance, NHL-Luft zu schnuppern, schicken sie dann aber zur weiteren Entwicklung zurück in die Juniorenliga oder ins Farmteam. Dieses Vorgehen schützt auch den Entry-Level-Vertrag des Spielers, der bei weniger als zehn Einsätzen nicht für die Saison angerechnet wird.
- William Eklund (San Jose Sharks): 2021 an 7. Stelle gedraftet, spielte er neun Partien, bevor er für den Rest der Saison in die AHL geschickt wurde. Da er als Europäer gedraftet wurde, war er für die AHL spielberechtigt.
- Jett Luchanko (Philadelphia Flyers): Er wurde 2024 an 13. Stelle ausgewählt und kam überraschend zu vier Einsätzen zu Beginn der Saison, ehe er in die Juniorenliga zurückkehrte.
Diese Fälle zeigen einen alternativen, oft gewählten Weg, um junge Spieler behutsam an die Liga heranzuführen, ohne sie zu überfordern.
Weitere historische Beispiele und Sonderfälle
Der Blick in die Vergangenheit offenbart weitere interessante Fälle, die die Seltenheit von Kindels Situation verdeutlichen.
Owen Beck (Montreal Canadiens, 33. Pick 2022) spielte in der Saison 2022/23 ein einziges Spiel. Dies geschah jedoch nur aufgrund einer extremen Verletzungsmisere im Team, weshalb er als Notlösung aus der Juniorenliga berufen wurde. Dieser Fall ist daher nur bedingt vergleichbar.
Auch Gavin Brindley (Columbus Blue Jackets, 34. Pick 2023) absolvierte nur ein Spiel, nachdem seine College-Saison an der University of Michigan beendet war. Dies war eher eine Belohnung und ein Anreiz, einen Profivertrag zu unterschreiben, als ein regulärer Kaderplatz zu Saisonbeginn.
„Die Fähigkeit, sich als 18-Jähriger direkt aus dem Trainingslager einen Platz im NHL-Kader zu erkämpfen, ohne ein Top-5-Pick zu sein, ist ein Beweis für außergewöhnliche Reife und Talent.“
Bei den Pittsburgh Penguins gab es in der Vergangenheit ebenfalls junge Spieler, doch die meisten waren Top-Picks wie Sidney Crosby oder Marc-Andre Fleury. Eine Ausnahme war Daniel Sprong, der 2015 an 46. Stelle gedraftet wurde und in der darauffolgenden Saison 18 Spiele bestritt.
Ausblick für Ben Kindel
Die Zukunft von Ben Kindel ist ungewiss, aber vielversprechend. Er hat im Trainingslager alle Erwartungen übertroffen und sich seine Chance verdient. Ob er eine komplette Saison wie Benson oder Sillinger spielen wird oder einen kürzeren Einsatz wie Eklund oder Luchanko erhält, werden die kommenden Wochen zeigen.
Allein die Tatsache, dass er sich in diese Position gebracht hat, ist bemerkenswert. Er schließt sich einer Gruppe von nur vier anderen Stürmern der letzten fünf Jahre an (Benson, Sillinger, Luchanko, Eklund), die sich als Nicht-Top-5-Pick einen Platz im Kader direkt nach dem Draft erkämpft haben.
Für Kindel und sein Team wird es entscheidend sein, seine Entwicklung sorgfältig zu steuern. Der Sprung in die NHL ist ein großer Schritt, und der richtige Weg kann den Grundstein für eine lange und erfolgreiche Karriere legen.





