Amazon hat eine neue Funktion namens „Bekannte Gesichter“ für seine Ring-Türklingeln und -Kameras angekündigt, die auf Gesichtserkennung basiert. Die Funktion soll im Dezember eingeführt werden, sorgt aber bereits vor dem Start für erhebliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der rechtlichen Verantwortung der Nutzer.
Die Technologie ermöglicht es Nutzern, bekannte Personen wie Familienmitglieder, Freunde oder den Postboten zu markieren. Anschließend sendet das System personalisierte Benachrichtigungen, wenn diese Personen von der Kamera erfasst werden. Obwohl die Funktion standardmäßig deaktiviert ist und ein kostenpflichtiges Abonnement erfordert, wächst die Sorge vor einem möglichen Missbrauch sensibler biometrischer Daten.
Wichtige Fakten
- Amazon führt die Gesichtserkennungsfunktion „Bekannte Gesichter“ für Ring-Geräte ein.
- Nutzer können Gesichter markieren, um personalisierte Benachrichtigungen zu erhalten.
- Die Funktion ist standardmäßig deaktiviert und nur für „Ring Home Premium“-Abonnenten verfügbar.
- Es bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Datensicherheit und rechtlicher Grauzonen.
- Aufgrund strenger Datenschutzgesetze wird die Funktion in Illinois, Texas und Portland (Oregon) nicht angeboten.
So funktioniert die neue Gesichtserkennung von Ring
Die Funktion „Bekannte Gesichter“ (im Original „Familiar Faces“) soll den Umgang mit Videoaufzeichnungen vereinfachen. Nutzer können Personen, die häufig von ihren Kameras erfasst werden, einen Namen zuweisen. Sobald eine Person markiert ist, erkennt das System sie bei zukünftigen Aufnahmen wieder.
Dies ermöglicht es der Ring-App, spezifische Benachrichtigungen zu senden, beispielsweise „Ihr Nachbar ist an der Tür“. Zudem können Nutzer ihre Aufzeichnungen gezielt nach Videos durchsuchen, auf denen eine bestimmte Person zu sehen ist. Laut Amazon soll die Funktion ab Dezember für neue Ring-Türklingeln und -Kameras verfügbar sein.
Das Unternehmen betont, dass die Aktivierung der Funktion freiwillig ist. Sie ist von Werk aus ausgeschaltet und muss vom Nutzer aktiv eingeschaltet werden. Voraussetzung ist zudem der Abschluss eines kostenpflichtigen „Ring Home Premium“-Abonnements.
Rechtliche Grauzonen und Datenschutzrisiken
Trotz der optionalen Natur der Funktion hat die Ankündigung eine Welle der Kritik ausgelöst. Im Mittelpunkt stehen die unklare Rechtslage und die potenziellen Risiken für die Privatsphäre, nicht nur für Ring-Nutzer, sondern auch für unbeteiligte Passanten.
Die Verantwortung wird auf die Nutzer abgewälzt
Ein zentraler Kritikpunkt ist die Handhabung der rechtlichen Verantwortung. Ein Sprecher von Ring erklärte gegenüber der Washington Post, dass die Nutzer selbst dafür verantwortlich seien, alle geltenden Gesetze einzuhalten. Dies schließt Gesetze ein, die eine ausdrückliche Zustimmung erfordern, bevor das Gesicht einer Person erfasst und identifiziert werden darf.
Rechtliche Unsicherheit für Verbraucher
Für Verbraucher entsteht eine erhebliche rechtliche Grauzone. In vielen Regionen ist es unklar, unter welchen Umständen die Gesichtserkennung auf privatem Grund, der an öffentliche Wege grenzt, legal ist. Nutzer könnten unwissentlich gegen Gesetze verstoßen, indem sie die Funktion aktivieren.
Diese Vorgehensweise überträgt ein komplexes juristisches Problem direkt auf die Verbraucher, die oft nicht über das nötige Wissen verfügen, um die Rechtslage korrekt einzuschätzen.
Aufzeichnung ohne Wissen und Zustimmung
Ein weiteres Problem betrifft Personen, die selbst keine Ring-Produkte verwenden. Jeder, der an einem Haus mit einer aktivierten Ring-Kamera vorbeigeht, könnte ohne sein Wissen und seine Zustimmung in eine biometrische Datenbank aufgenommen werden. Freunde, Lieferdienste oder Nachbarn werden so Teil eines Überwachungssystems, dem sie nie zugestimmt haben.
Diese unfreiwillige Erfassung biometrischer Daten wird von Datenschützern als besonders problematisch angesehen, da sie die Privatsphäre im öffentlichen und halböffentlichen Raum stark einschränkt.
Strenge Gesetze verhindern Einführung in einigen US-Staaten
Die rechtlichen Hürden sind in einigen Teilen der USA so hoch, dass Amazon die Funktion dort gar nicht erst anbieten wird. Aufgrund spezifischer Gesetze zum Schutz biometrischer Daten wird „Bekannte Gesichter“ in den Bundesstaaten Illinois und Texas sowie in der Stadt Portland, Oregon, nicht verfügbar sein.
Diese Gesetze verbieten die Erfassung, Speicherung und Nutzung von Gesichtsdaten ohne die ausdrückliche und informierte Erlaubnis der betroffenen Person. Die Entscheidung Amazons, diese Märkte auszusparen, unterstreicht die rechtliche Komplexität der Technologie.
Rings problematische Datenschutz-Vergangenheit
Das Misstrauen gegenüber Amazon und seiner Marke Ring ist nicht unbegründet. In der Vergangenheit gab es immer wieder negative Schlagzeilen. Dazu gehören Berichte über gehackte Heimkameras, die es Fremden ermöglichten, Bewohner auszuspionieren, sowie Vorwürfe, dass Mitarbeiter von Ring Zugriff auf private Videoaufnahmen von Kunden hatten und diese einsehen konnten.
Öffentliche Reaktionen und die Konkurrenz
Die Reaktionen von Verbrauchern in Online-Foren wie Reddit sind überwiegend kritisch. Viele äußern ihr Unbehagen über die wachsende Zahl von Kameras, die sie täglich im öffentlichen Raum erfassen.
„Ich kann es kaum erwarten, meinen Scheck über 7,29 Dollar zu erhalten, wenn sie deswegen eine Sammelklage bekommen“, kommentierte ein Nutzer ironisch. Ein anderer schrieb: „Ich mag es wirklich nicht, an wie vielen von diesen Dingern ich jedes Mal vorbeilaufe, wenn ich nach draußen gehe.“
Einige Nutzer diskutieren sogar darüber, ihre Ring-Abonnements zu kündigen und zu alternativen Anbietern zu wechseln. Ironischerweise bietet die Konkurrenz bereits ähnliche Technologien an.
Wie Google Nest mit Gesichtsdaten umgeht
Googles Nest-Kameras verfügen schon länger über eine vergleichbare Funktion zur Erkennung bekannter Gesichter. Allerdings gibt es einen entscheidenden technischen Unterschied: Neuere Nest-Modelle verarbeiten und speichern die Gesichtsdaten lokal auf dem Gerät selbst.
Die Daten werden nicht in die Cloud hochgeladen, sondern bleiben verschlüsselt auf der Kamera. Dieser Ansatz gilt als deutlich sicherer, da er das Risiko eines großflächigen Datenlecks oder eines unbefugten Zugriffs auf zentrale Server minimiert. Im Fall von Amazon und Ring sind viele Nutzer nicht überzeugt, dass das Unternehmen in der Lage ist, solch sensible Daten verantwortungsvoll zu schützen.





