Im Mai wurde Oscar Cecena Fujigaki von LinkedIn entlassen. Anstatt sich sofort auf die Jobsuche zu stürzen, nutzte der 47-Jährige die unerwartete Freizeit, um einen langjährigen Traum zu verwirklichen: Er schrieb seinen Science-Fiction-Roman fertig, an dem er bereits seit fünf Jahren gearbeitet hatte.
Innerhalb von nur drei Monaten vollendete er ein 112.000 Wörter umfassendes Manuskript. Nun steht er vor der Herausforderung, in einem schwierigen Tech-Arbeitsmarkt eine neue Stelle zu finden, bereut seine Entscheidung jedoch nicht.
Wichtige Erkenntnisse
- Oscar Cecena Fujigaki wurde im Mai im Rahmen einer Entlassungswelle bei LinkedIn gekündigt.
- Er entschied sich, die Zeit zu nutzen, um seinen seit fünf Jahren in Arbeit befindlichen Science-Fiction-Roman zu beenden.
- In rund drei Monaten schrieb er das Manuskript mit 112.000 Wörtern fertig.
- Trotz der schwierigen Jobsuche im Tech-Sektor sieht er die Fertigstellung des Buches als großen persönlichen Erfolg.
- Finanzielle Absicherung durch Abfindung, Arbeitslosengeld und Ersparnisse ermöglichte ihm diese kreative Auszeit.
Die Kündigung als Wendepunkt
Anfang des Jahres kursierten unter den Mitarbeitern von LinkedIn Gerüchte über bevorstehende Entlassungen. Ein deutliches Anzeichen war die Absage des jährlichen Sales-Kickoff-Events in Las Vegas, das wie schon im Vorjahr durch ein virtuelles Format ersetzt wurde. „Als wir im März erfuhren, dass das Kickoff erneut abgesagt wird, dachten alle: Okay, es passiert wieder“, erinnert sich Fujigaki.
Am 13. Mai um 10:30 Uhr erhielt er die E-Mail mit der Nachricht seiner Kündigung. Für ihn kam dies überraschend. „Basierend auf unseren Leistungskennzahlen ging ich davon aus, dass ich meine Arbeit gut mache“, erklärte er. Es war das erste Mal, dass er entlassen wurde, was ihn wütend, traurig und verwirrt zurückließ.
Hintergrund: Entlassungen im Tech-Sektor
Die Technologiebranche erlebt seit 2023 eine Welle von Stellenstreichungen. Große Unternehmen wie Google, Amazon, Microsoft und auch LinkedIn haben Tausende von Mitarbeitern entlassen. Als Gründe werden oft wirtschaftliche Unsicherheiten, eine Korrektur nach dem Einstellungsboom während der Pandemie und eine strategische Neuausrichtung auf Bereiche wie künstliche Intelligenz genannt.
Vom Jobverlust zum kreativen Projekt
Kurz nach der Kündigung reiste Fujigaki nach Mexiko, sein Heimatland, um an der Hochzeit seines Cousins teilzunehmen. Diese Reise gab ihm Zeit zum Nachdenken. Nach seiner Rückkehr traf er eine Entscheidung, die sein Leben verändern sollte.
Vor etwa fünf Jahren hatte er die Idee für einen Science-Fiction-Roman. Über die Jahre schrieb er immer wieder daran, kam aber nur langsam voran. „Es war fast unmöglich, neben einem Vollzeitjob konsequent zu schreiben. Am Ende des Tages war ich meist zu erschöpft, um klar zu denken“, so Fujigaki.
Er beschloss, die Jobsuche für einige Monate auf Eis zu legen und sich voll und ganz auf sein Buch zu konzentrieren. Ab dem 1. Juni behandelte er das Schreiben wie einen regulären 9-bis-5-Job. Sein Ziel war es, täglich 2.000 Wörter zu verfassen. Zu Beginn hatte er bereits rund 30.000 Wörter geschrieben, überarbeitete aber einen großen Teil davon.
Vom Entwurf zum Manuskript
Am 11. August, weniger als drei Monate nach Beginn seiner konzentrierten Schreibphase, war das Manuskript fertig. Es umfasste beeindruckende 112.000 Wörter. Sein Roman gehört zum Cyberpunk-Subgenre und handelt von einem Attentäter, der das falsche Ziel trifft, woraufhin die Situation außer Kontrolle gerät.
Die Herausforderungen des Arbeitsmarktes
Diese kreative Auszeit war nur durch eine Kombination aus Abfindung, Arbeitslosengeld, einem Notgroschen und dem Einkommen seiner Frau möglich. Fujigaki ist sich bewusst, dass dies ein Privileg ist. „Ich gehöre zu den Glücklichen, die sich ein paar Monate Auszeit nehmen können. Ich weiß, dass die meisten Menschen das nicht können“, betont er.
Während des Schreibens versuchte er, nicht zu sehr an die Jobsuche zu denken, doch der Gedanke war immer präsent. Zunächst bewarb er sich auf höherrangige Positionen, als er sie bei LinkedIn innehatte. Rückblickend sieht er dies als Fehler, der aus Verbitterung resultierte. „Ich wollte unbewusst etwas beweisen – einen besseren Job finden als den, den ich gerade verloren hatte.“
Mittlerweile hat er seine Strategie geändert und sucht breiter. Sein Fokus liegt nun darauf, eine Stelle zu finden, die ihm ein angenehmes Leben ermöglicht und genug Flexibilität für das Schreiben bietet. Der Tech-Arbeitsmarkt in Kanada und den USA sei jedoch extrem schwierig.
„Ich habe kürzlich den Satz gehört: ‚Wenn die USA niesen, bekommt Kanada eine Erkältung.‘ Ich glaube, genau das passiert gerade.“
Zukunftspläne: Job und Verlagssuche
Obwohl die Jobsuche Priorität hat, verfolgt Fujigaki auch seine schriftstellerischen Ambitionen weiter. Sein Ziel ist eine traditionelle Veröffentlichung. Er hat das Manuskript an seine Schreibgruppe geschickt und arbeitet deren Feedback ein. Bis Mitte November will er die überarbeitete Fassung fertigstellen und dann nach einem Literaturagenten suchen.
Bei der Jobsuche setzt er stark auf sein Netzwerk, reaktiviert alte Kontakte und knüpft neue. „Wenn ich ein interessantes Unternehmen finde, schreibe ich Mitarbeitern dort eine Nachricht auf LinkedIn. Manchmal führt das zu einer Empfehlung.“ Diese Empfehlungen seien bisher seine beste Chance auf Vorstellungsgespräche gewesen.
Drei Ratschläge für Betroffene
Basierend auf seiner Erfahrung gibt Oscar Cecena Fujigaki drei Ratschläge an Menschen weiter, die ebenfalls von einer Kündigung betroffen sind:
- Nehmen Sie es nicht persönlich: „Ihr Selbstvertrauen wird einen Schlag erleiden. Aber Entlassungen sind Geschäftsentscheidungen von Leuten, die weder Ihren Namen noch Ihre Situation kennen.“
- Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst: „Wenn Sie es sich leisten können, starten Sie ein persönliches Projekt, machen Sie eine Reise, verbringen Sie Zeit mit der Familie. Für mich war es die Fertigstellung meines Romans.“
- Konzentrieren Sie sich auf die Gegenwart: „Die Vergangenheit ist vorbei. Die Zukunft, über die Sie sich Sorgen machen, wird sich wahrscheinlich anders entwickeln, als Sie es sich vorstellen. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie heute kontrollieren können.“
Trotz der unsicheren Lage blickt Fujigaki hoffnungsvoll in die Zukunft, sowohl beruflich als auch als angehender Autor.





