Sony Interactive Entertainment (SIE) hat seine Vorwürfe gegen den chinesischen Technologiekonzern Tencent in einem laufenden Urheberrechtsstreit verschärft. In einer neuen Gerichtsakte bezeichnet Sony die Verteidigung von Tencent als „Unsinn“ und wirft dem Unternehmen vor, den bereits entstandenen Schaden zu ignorieren und weiterhin zu verursachen.
Im Zentrum des Konflikts steht das Tencent-Spiel „Light of Motiram“, das laut Sony eine dreiste Kopie der erfolgreichen „Horizon“-Reihe ist. Sony behauptet, Tencent versuche, sich durch eine komplexe Unternehmensstruktur der Verantwortung zu entziehen.
Wichtige Erkenntnisse
- Sony weist Tencents Antrag auf Abweisung der Klage zurück und bezeichnet die Verteidigung als „Unsinn“.
- Der Kern des Streits ist der Vorwurf, Tencents Spiel „Light of Motiram“ sei eine Kopie von Sonys „Horizon“-Franchise.
- Sony behauptet, der Schaden sei bereits entstanden und halte an, obwohl Tencent die Veröffentlichung des Spiels verschoben hat.
- Tencent wird beschuldigt, eine „Verschleierungstaktik“ mit seinen Tochterfirmen zu betreiben, um die Haftung zu umgehen.
- Die Klage zielt auf den Schutz der Figur Aloy als Symbol für die Marke PlayStation ab.
Der Ursprung des Konflikts
Der Rechtsstreit begann im Juli, als Sony eine Klage wegen Urheberrechts- und Markenverletzung gegen Tencent einreichte. Sony forderte ein Schwurgerichtsverfahren und wollte die drohende Veröffentlichung von „Light of Motiram“ verhindern. Die Kernaussage der Klage war, dass Tencent die Hauptfigur Aloy aus der „Horizon“-Reihe „abgekupfert“ habe.
In den ursprünglichen Gerichtsunterlagen argumentierte Sony, dass Tencents Werbematerialien gezielt Verwirrung bei den Spielern stifteten. Viele hätten geglaubt, „Light of Motiram“ sei das nächste Spiel der „Horizon“-Serie. Dies habe zu einer bewussten Irreführung der Öffentlichkeit geführt.
Tencents Reaktion und Verteidigung
Kurz nach Einreichung der Klage nahm Tencent Änderungen an der Steam-Seite und den Werbematerialien von „Light of Motiram“ vor. Im September reagierte das Unternehmen offiziell auf die Vorwürfe. Tencent bestritt, dass sein Spiel eine „sklavische Kopie“ sei.
Tencent argumentierte, dass „Light of Motiram“ lediglich von „altehrwürdigen“ und „allgegenwärtigen Genre-Elementen“ Gebrauch mache, die nicht exklusiv Sony gehörten. Laut Tencent versucht Sony, allgemeine Spielmechaniken und Design-Tropen in geschütztes geistiges Eigentum umzuwandeln. Die Ähnlichkeiten seien zufällig und Teil eines gemeinsamen kreativen Fundus in der Spielebranche.
Sonys scharfe Erwiderung
In der jüngsten Gerichtsakte, über die zuerst von The Game Post berichtet wurde, weist Sony die Verteidigung von Tencent entschieden zurück. Ein zentraler Punkt ist Tencents Behauptung, die Klage sei „unreif“, da die Veröffentlichung von „Light of Motiram“ auf 2027 verschoben wurde. Sony bezeichnet diese Argumentation als haltlos.
„Tencent behauptet bemerkenswerterweise, die Ansprüche von SIE seien unbegründet, weil Tencent – obwohl es sein Spiel monatelang angekündigt und kontinuierlich beworben hat – die Veröffentlichung von Light of Motiram (angeblich) auf 2027 verschoben hat, nachdem SIE geklagt hatte. Das ist Unsinn. Der Schaden ist angerichtet – und er hält an“, heißt es in Sonys Einreichung.
Sony betont, dass Tencent trotz der öffentlichen Empörung und der offensichtlichen Ähnlichkeiten die Werbung für das Spiel fortgesetzt und jede Verantwortung abgelehnt habe. Der entstandene Schaden für die Marke „Horizon“ sei bereits Realität.
Hintergrund: Die Bedeutung von „Horizon“
Die „Horizon“-Reihe, entwickelt von Guerrilla Games, ist eine der wichtigsten Exklusivmarken für Sonys PlayStation. Die Spiele „Horizon Zero Dawn“ und „Horizon Forbidden West“ haben sich weltweit über 32 Millionen Mal verkauft. Die Protagonistin Aloy ist zu einer Ikone für die PlayStation-Marke geworden, vergleichbar mit Charakteren wie Kratos aus „God of War“.
Vorwurf der Verschleierungstaktik
Ein weiterer schwerwiegender Vorwurf von Sony betrifft die Unternehmensstruktur von Tencent. Sony behauptet, Tencent nutze ein komplexes Geflecht aus Marken und Tochtergesellschaften, um die rechtliche Verantwortung zu verschleiern. Genannt werden die Firmen Aurora Studios, Level Infinite und Proxima Beta.
„Nachdem SIE gezwungen war zu klagen, versuchte Tencent, sich der Haftung durch ein Verwirrspiel mit seinen Marken und Unternehmen zu entziehen“, schreibt Sony. Das Unternehmen argumentiert, dass die Muttergesellschaft Tencent Holdings letztlich die Kontrolle ausübe und direkt verantwortlich sei.
Unternehmensstruktur von Tencent
- Tencent Holdings: Die Muttergesellschaft, die alle Einnahmen aus dem Spielebereich in ihrem Jahresbericht ausweist.
- Aurora Studios: Das Entwicklerstudio von „Light of Motiram“, das laut Tencent Holdings zu dessen Games-Sparte gehört.
- Level Infinite & Proxima Beta: Weitere Marken, die laut Sony zur Verschleierung der Verantwortlichkeiten genutzt werden.
Sony führt an, dass Tencent Holdings selbst angibt, dass Aurora Studios zu seiner Spielesparte gehört. Alle Einnahmen und Schulden aus dem Gaming-Geschäft würden ohne Zuordnung zu Tochtergesellschaften im Jahresbericht der Holding ausgewiesen. Dies zeige, dass Tencent Holdings direkt die Fäden in der Hand halte.
Die öffentliche Wahrnehmung als Beweis
Sony stützt seine Argumentation stark auf die Reaktionen von Journalisten und Spielern. Das Unternehmen zitiert zahlreiche Kommentare, die „Light of Motiram“ als „einen großen Horizon-Abklatsch“, eine „offensichtliche Kopie“ und einen „Nachahmer“ bezeichnen.
Besonders hervorgehoben wird die Ähnlichkeit der Hauptfigur zu Aloy. Zitate wie „ähnelt Aloy aufs Haar – rote Haare und alles“ werden verwendet, um die Dreistigkeit des Vorgehens zu untermauern. Laut Sony war Tencents Versuch, vom guten Ruf der Marke Aloy zu profitieren, „so ungeheuerlich, dass zahlreiche Journalisten und Horizon-Fans die verblüffenden Ähnlichkeiten feststellten“.
Zukunft der „Horizon“-Marke in Gefahr
Sony argumentiert, dass die Existenz eines so offensichtlichen Plagiats den zukünftigen Erfolg und die geplanten Erweiterungen des „Horizon“-Franchise gefährdet. Die Verwechslungsgefahr und die Verwässerung der Marke könnten langfristige negative Auswirkungen haben.
Das Unternehmen hat bereits Pläne für weitere Spiele, eine TV-Serie und andere Medien im „Horizon“-Universum angekündigt. Ein als Kopie wahrgenommenes Konkurrenzprodukt könnte diese Pläne empfindlich stören und den Markenwert mindern.
Mit der jüngsten Einreichung fordert Sony das Gericht auf, den Antrag von Tencent auf Abweisung der Klage abzulehnen. Der Fall wird fortgesetzt und dürfte die Spielebranche weiterhin intensiv beschäftigen, da er grundlegende Fragen zum geistigen Eigentum und zu kreativen Grenzen im digitalen Zeitalter aufwirft.





