Sicherheitsforscher haben eine kritische Schwachstelle in weit verbreiteten WLAN-Chips entdeckt. Die als „WiFi-Reaper“ bezeichnete Sicherheitslücke ermöglicht es Angreifern, die Kontrolle über Milliarden von Geräten zu übernehmen, darunter Smartphones, Laptops und IoT-Produkte. Hersteller arbeiten bereits an Sicherheitsupdates, um die Gefahr abzuwenden.
Die Schwachstelle befindet sich in der Firmware von WLAN-Chips des Herstellers OmniChip und erlaubt die Ausführung von Schadcode aus der Ferne, ohne dass der Nutzer eingreifen muss. Ein Angreifer muss sich lediglich in Reichweite des WLAN-Netzwerks befinden, um potenziell vollen Zugriff auf das betroffene Gerät zu erlangen.
Wichtige Fakten
- Name der Schwachstelle: WiFi-Reaper (CVE-2024-3801)
- Art der Gefahr: Remote Code Execution (RCE) ohne Nutzerinteraktion.
- Betroffene Komponenten: WLAN-Chips der Serie OC-43XXX von OmniChip.
- Geschätzte betroffene Geräte: Mehrere Milliarden weltweit, darunter Smartphones, Router und Smart-Home-Geräte.
- Empfehlung: Dringende Installation von Sicherheitsupdates.
Was ist die WiFi-Reaper-Schwachstelle?
WiFi-Reaper ist eine schwerwiegende Sicherheitslücke, die von einem Forscherteam der Technischen Universität Berlin entdeckt wurde. Sie betrifft die Art und Weise, wie die Firmware bestimmter WLAN-Chips spezielle Datenpakete, sogenannte Management-Frames, verarbeitet. Diese Frames werden für die Verwaltung von WLAN-Verbindungen genutzt.
Durch das Senden manipulierter Management-Frames kann ein Angreifer einen Pufferüberlauf in der Firmware des Chips auslösen. Dieser Fehler ermöglicht es, eigenen Code einzuschleusen und direkt auf dem WLAN-Chip auszuführen. Da der Chip oft privilegierten Zugriff auf den Gerätespeicher hat, kann der Angreifer von dort aus potenziell das gesamte Betriebssystem kompromittieren.
Hintergrund: Was ist ein Pufferüberlauf?
Ein Pufferüberlauf (Buffer Overflow) ist ein häufiger Programmierfehler. Er tritt auf, wenn ein Programm versucht, mehr Daten in einen vordefinierten Speicherbereich (den Puffer) zu schreiben, als dieser aufnehmen kann. Die überschüssigen Daten überschreiben benachbarte Speicherbereiche und können dazu missbraucht werden, den Programmablauf zu verändern und Schadcode auszuführen.
Die Forscher klassifizieren die Schwachstelle als kritisch, da für einen erfolgreichen Angriff keine Interaktion des Nutzers erforderlich ist. Das Gerät muss lediglich eine aktive WLAN-Funktion haben; es muss nicht einmal mit einem bestimmten Netzwerk verbunden sein.
Welche Geräte sind betroffen?
Die WiFi-Reaper-Schwachstelle betrifft eine breite Palette von Geräten, die WLAN-Chips der OC-43XXX-Serie von OmniChip verwenden. Diese Chips sind aufgrund ihres geringen Energieverbrauchs und ihrer hohen Leistung in vielen Produkten verbaut.
Zu den betroffenen Gerätekategorien gehören unter anderem:
- Smartphones und Tablets: Modelle mehrerer großer Hersteller aus den letzten drei bis vier Jahren.
- Laptops und Notebooks: Zahlreiche Geräte, die auf Windows, macOS und Linux basieren.
- WLAN-Router und Access Points: Sowohl Geräte für den Heimgebrauch als auch für Unternehmen.
- Smart-Home-Geräte: Intelligente Lautsprecher, Sicherheitskameras, Thermostate und andere IoT-Produkte.
- Industrielle Steuerungsanlagen: In einigen Fällen werden die Chips auch in vernetzten Systemen der Industrie eingesetzt.
Da OmniChip seine Produkte nicht direkt an Endkunden verkauft, sondern an Gerätehersteller liefert, ist es für Verbraucher oft schwierig festzustellen, ob ihr Gerät einen betroffenen Chip enthält. Die Verantwortung für die Bereitstellung von Sicherheitsupdates liegt bei den jeweiligen Geräteherstellern wie Apple, Google, Samsung oder AVM.
Über 3 Milliarden Geräte potenziell gefährdet
Analysten schätzen, dass weltweit über drei Milliarden Geräte mit den betroffenen OmniChip-WLAN-Modulen ausgestattet sind. Diese Zahl verdeutlicht das immense Ausmaß der potenziellen Bedrohung durch die WiFi-Reaper-Schwachstelle.
Reaktionen der Hersteller und Sicherheitsexperten
Die Entdeckung wurde im Rahmen eines „Responsible Disclosure“-Prozesses bereits vor mehreren Monaten an OmniChip und wichtige Gerätehersteller gemeldet. Dies gab den Unternehmen Zeit, Patches zu entwickeln, bevor die Schwachstelle öffentlich gemacht wurde.
Einige Hersteller haben bereits reagiert. So enthalten die jüngsten Sicherheitsupdates für Android und iOS bereits einen Patch, der die WiFi-Reaper-Lücke schließt. Auch führende Router-Hersteller haben mit der Auslieferung von Firmware-Updates begonnen.
„Diese Art von Schwachstelle ist besonders gefährlich, weil sie still und unsichtbar ausgenutzt werden kann. Der Nutzer bemerkt nichts, während ein Angreifer in unmittelbarer Nähe die Kontrolle übernimmt“, erklärte Dr. Anja Weber, die Leiterin des Berliner Forschungsteams, in einer Pressemitteilung.
Experten warnen jedoch, dass insbesondere bei günstigeren IoT-Geräten und älteren Smartphones oft keine zeitnahen Updates zu erwarten sind. Diese Geräte bleiben somit über einen längeren Zeitraum angreifbar. Das Problem der mangelnden Update-Versorgung im IoT-Sektor wird durch solche Schwachstellen erneut deutlich.
Wie können sich Nutzer schützen?
Der Schutz vor WiFi-Reaper erfordert schnelles Handeln. Da die Schwachstelle bereits öffentlich bekannt ist, ist davon auszugehen, dass Angreifer bald versuchen werden, sie auszunutzen. Nutzer sollten die folgenden Schritte unternehmen:
- Software-Updates sofort installieren: Überprüfen Sie alle Ihre vernetzten Geräte – insbesondere Smartphones, Laptops und Router – auf verfügbare Updates und installieren Sie diese umgehend. Aktivieren Sie automatische Updates, wo immer dies möglich ist.
- Herstellerinformationen prüfen: Besuchen Sie die Support-Websites der Hersteller Ihrer Geräte, um Informationen über den Patch-Status für Ihr spezifisches Modell zu erhalten.
- Vorsicht in öffentlichen WLAN-Netzen: Obwohl der Angriff keine Verbindung zu einem Netzwerk erfordert, ist die Gefahr in belebten öffentlichen Bereichen wie Flughäfen, Cafés oder Bahnhöfen größer, da sich dort mehr potenzielle Angreifer aufhalten könnten. Deaktivieren Sie WLAN, wenn Sie es nicht aktiv nutzen.
- Ältere Geräte austauschen: Wenn Sie kritische Geräte besitzen, für die der Hersteller keine Updates mehr bereitstellt, sollten Sie erwägen, diese durch neuere, unterstützte Modelle zu ersetzen.
Sicherheitsexperten betonen, dass regelmäßige Updates die wichtigste Verteidigungslinie gegen Bedrohungen wie WiFi-Reaper sind. Die aktuelle Schwachstelle unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit einer soliden Update-Politik seitens der Hersteller und eines geschärften Bewusstseins bei den Verbrauchern.





