Die Fitness-Plattform Strava hat eine Klage gegen den Technologiehersteller Garmin eingereicht. Der Vorwurf lautet auf Patentverletzung bei den Funktionen „Segmente“ und „Heatmaps“. Strava fordert einen Verkaufsstopp für zahlreiche Garmin-Geräte, darunter viele Smartwatches und Fahrradcomputer.
Die Klage wurde am 30. September beim US-Bezirksgericht für den Bezirk Colorado eingereicht. Sie markiert eine erhebliche Eskalation in den Geschäftsbeziehungen der beiden Unternehmen, die bisher eng im Bereich der Fitness-Technologie zusammengearbeitet haben.
Wichtige Fakten
- Strava beschuldigt Garmin der Verletzung von Patenten für die Funktionen „Segmente“ und „Heatmaps“.
- Die Klage fordert eine einstweilige Verfügung, um den Verkauf der meisten Garmin-Smartwatches und Edge-Fahrradcomputer zu stoppen.
- Der Streitpunkt bei den Segmenten betrifft eine angebliche Umgehung einer früheren Kooperationsvereinbarung.
- Bei den Heatmaps könnte Garmin argumentieren, eine ähnliche Funktion bereits vor Stravas Patentanmeldung besessen zu haben.
Der Kern des Rechtsstreits: Segmente und Heatmaps
Die Klage von Strava konzentriert sich auf zwei zentrale Funktionen, die in der Radsport- und Lauf-Community weit verbreitet sind. Beide Unternehmen bieten Versionen dieser Technologien an, aber Strava beansprucht die ursprünglichen Patentrechte für sich.
Die Segment-Technologie
Ein wesentlicher Teil der Klage bezieht sich auf Stravas Patent für „Segmente“. Diese Funktion ermöglicht es Nutzern, virtuelle Rennstrecken auf Straßen und Wegen zu erstellen und ihre Zeiten mit anderen zu vergleichen. Das entsprechende Patent wurde 2011 angemeldet und 2015 erteilt.
Garmin führte seine eigene Segment-Funktion im Jahr 2014 auf dem Fahrradcomputer Edge 1000 ein. Später gingen die beiden Unternehmen eine Partnerschaft ein. Im Rahmen einer „Master Cooperation Agreement“ (MCA) wurde die beliebte „Strava Live Segments“-Funktion auf Garmin-Geräten integriert.
Ein wichtiger Punkt dieser Vereinbarung war, dass Garmin zustimmte, nicht gleichzeitig seine eigenen Segmente und die von Strava anzuzeigen. Laut der Klageschrift wirft Strava Garmin nun vor, diese Vereinbarung untergraben zu haben. Garmin soll die Zusammenarbeit genutzt haben, um die Strava-Implementierung zu analysieren und ein konkurrierendes System zu entwickeln, das über den vereinbarten Rahmen hinausgeht.
Hintergrund der Kooperation
Die Integration von Strava Live Segments war für beide Unternehmen vorteilhaft. Garmin konnte seinen Kunden eine der beliebtesten Funktionen der Radsportwelt direkt auf ihren Geräten anbieten, während Strava seine Reichweite im Hardware-Markt vergrößerte. Der aktuelle Konflikt deutet darauf hin, dass diese Symbiose zerbrochen ist.
Der Streit um die Heatmaps
Der zweite Anklagepunkt betrifft die Darstellung von Heatmaps. Diese Karten visualisieren die am häufigsten von Nutzern frequentierten Lauf- und Radstrecken. Strava verweist hier auf zwei Patente, die in den Jahren 2014 und 2016 angemeldet wurden.
Hier könnte die Argumentation von Strava auf wackligen Beinen stehen. Berichten zufolge, unter anderem von DC Rainmaker, bot Garmin eine Heatmap-Funktionalität bereits im Jahr 2013 an – also bevor Strava seine Patente einreichte. Sollte dies zutreffen, könnten Garmins Anwälte argumentieren, dass das Patent von Strava nie hätte erteilt werden dürfen, da die Technologie bereits existierte.
Finanzielle und strategische Konsequenzen
Strava macht in der Klage geltend, durch die mutmaßlichen Patentverletzungen erheblichen Schaden erlitten zu haben. Das Unternehmen spricht von Umsatzeinbußen, dem Verlust von Geschäftsmöglichkeiten und einer Schwächung seiner Wettbewerbsposition.
„Strava hat Schäden erlitten, einschließlich entgangener Einnahmen und Geschäftsmöglichkeiten, einer Aushöhlung des Wettbewerbsvorteils und der Netzwerkeffekte, einer Schädigung des Goodwills und ungerechtfertigter Gewinne für Garmin.“
Die Forderungen von Strava sind weitreichend. Das Unternehmen verlangt eine dauerhafte einstweilige Verfügung, die Garmin den Verkauf aller Geräte untersagen würde, die die umstrittenen Segment- oder Heatmap-Funktionen enthalten. Dies würde einen Großteil der aktuellen Produktpalette von Garmin betreffen, von den Fenix- und Forerunner-Smartwatches bis hin zu den Edge-Fahrradcomputern.
Was steht auf dem Spiel?
- Für Garmin: Ein Verkaufsstopp würde einen massiven Einschnitt in das Kerngeschäft bedeuten. Smartwatches und Fahrradcomputer sind zentrale Umsatztreiber des Unternehmens.
- Für Strava: Ein Erfolg vor Gericht könnte die eigene Marktposition stärken und Lizenzgebühren von Konkurrenten erzwingen.
- Für Nutzer: Die Unsicherheit könnte die Kaufentscheidungen beeinflussen. Langfristig könnte der Rechtsstreit die Integration zwischen den Plattformen beeinträchtigen.
Eine Beziehung mit Spannungen
Der aktuellen Klage gingen bereits Meinungsverschiedenheiten voraus. Im Juni und Juli dieses Jahres hatte Strava Garmin schriftlich über die vermeintlichen Patentverletzungen informiert. Die Spannungen reichen jedoch weiter zurück.
Im vergangenen Jahr führte Strava Änderungen an seiner Programmierschnittstelle (API) durch, die die Funktionalität von Drittanbieter-Apps, einschließlich der von Garmin, beeinträchtigten. Damals äußerte sich Garmin kritisch darüber, wie Strava mit der Datenzuordnung umging. Ein spezifischer Kritikpunkt war die Nutzung von Daten von Garmin-Nutzern für das Training von Stravas künstlicher Intelligenz.
Auswirkungen auf die Nutzer
Trotz der harten juristischen Auseinandersetzung versucht Strava, die gemeinsamen Nutzer zu beruhigen. In einer Erklärung gegenüber DC Rainmaker betonte das Unternehmen, dass es nicht die Absicht habe, die Synchronisierung von Daten zwischen Garmin-Geräten und der Strava-Plattform zu stören.
Strava äußerte die Hoffnung, dass „Garmin unsere gemeinsamen Nutzer in gleicher Weise wertschätzt“. Ob diese Trennung zwischen dem Rechtsstreit und der alltäglichen Nutzererfahrung aufrechterhalten werden kann, bleibt abzuwarten. Der Ausgang dieses Verfahrens wird die Landschaft der Fitness-Technologie maßgeblich beeinflussen und könnte die Machtverhältnisse zwischen Software-Plattformen und Hardware-Herstellern neu definieren.





