Forscher der Aalto-Universität haben einen wichtigen Schritt in der Entwicklung von Quantentechnologien gemacht. Erstmals ist es ihnen gelungen, einen Zeitkristall mit einem externen System zu verbinden. Diese bahnbrechende Arbeit könnte die Grundlage für leistungsfähigere Quantencomputer und hochpräzise Sensoren legen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht und zeigen, wie die Eigenschaften von Zeitkristallen beeinflusst werden können.
Wichtige Erkenntnisse
- Zeitkristalle wurden erstmals mit einem externen System verbunden.
- Die Forscher nutzten diese Verbindung, um die Kristalleigenschaften anzupassen.
- Die Technologie könnte künftige Quantencomputer und Präzisionssensoren verbessern.
- Die Experimente fanden in Helium-3-Superfluid bei extrem niedrigen Temperaturen statt.
- Magnonen bildeten Zeitkristalle, die über Minuten hinweg in Bewegung blieben.
Das Konzept der Zeitkristalle
Das Konzept der Zeitkristalle wurde ursprünglich von Frank Wilczek im Jahr 2012 vorgeschlagen. Wilczek, ein Nobelpreisträger für Physik, postulierte, dass Quantensysteme sich nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit periodisch anordnen könnten. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Kristallen, die eine räumlich wiederholende Atomstruktur aufweisen, zeigen Zeitkristalle eine sich in der Zeit wiederholende Bewegung in ihrem niedrigsten Energiezustand, ohne dass dafür externe Energie benötigt wird. Dies ist ein faszinierendes Phänomen, das im Quantenbereich möglich ist.
Die Existenz von Zeitkristallen wurde erstmals 2016 experimentell bestätigt. Seitdem haben Wissenschaftler weltweit versucht, die einzigartigen Eigenschaften dieser Materieform zu verstehen und für technologische Anwendungen nutzbar zu machen. Die größte Herausforderung bestand bisher darin, Zeitkristalle mit anderen Systemen zu koppeln, da ihre ewige Bewegung im Quantenbereich anfällig für Störungen durch äußere Einflüsse ist.
Faktencheck: Zeitkristalle
- Entdeckung: Theoretisch vorgeschlagen 2012 von Frank Wilczek.
- Experimentelle Bestätigung: Erstmals 2016 nachgewiesen.
- Eigenschaft: Perpetuierliche Bewegung im niedrigsten Energiezustand ohne externe Energiezufuhr.
- Unterschied zu normalen Kristallen: Wiederholung in der Zeit statt im Raum.
Ein Durchbruch an der Aalto-Universität
Ein Team von Forschern des Fachbereichs Angewandte Physik der Aalto-Universität hat nun einen bedeutenden Fortschritt erzielt. Unter der Leitung von Academy Research Fellow Jere Mäkinen gelang es ihnen, einen Zeitkristall an ein externes System anzuschließen. Dieser Erfolg ist entscheidend, da er neue Wege für die Kontrolle und Nutzung von Zeitkristallen eröffnet.
„Im Quantenbereich ist eine ewige Bewegung möglich, solange sie nicht durch externe Energieeinflüsse, wie zum Beispiel Beobachtung, gestört wird. Aus diesem Grund war ein Zeitkristall bisher nie mit einem externen System verbunden worden“, erklärt Mäkinen. „Aber genau das haben wir getan und auch zum ersten Mal gezeigt, dass man die Eigenschaften des Kristalls mit dieser Methode anpassen kann.“
"Wir haben gezeigt, dass Änderungen in der Frequenz des Zeitkristalls vollständig analog zu optomechanischen Phänomenen sind, die in der Physik weit verbreitet sind." – Jere Mäkinen, Academy Research Fellow
Die Experimentelle Anordnung
Die Physiker verwendeten Radiowellen, um sogenannte Magnonen in ein Helium-3-Superfluid zu pumpen. Dieses Superfluid wurde auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. Magnonen sind Quasiteilchen, was bedeutet, dass es sich um Gruppen von Teilchen handelt, die sich wie einzelne Partikel verhalten. Nachdem die Pumpen ausgeschaltet wurden, bildeten die Magnonen einen Zeitkristall.
Dieser Zeitkristall blieb für eine außergewöhnlich lange Zeit in Bewegung. Er absolvierte bis zu 108 Zyklen oder mehrere Minuten, bevor seine Bewegung so weit abklang, dass die Forscher sie nicht mehr beobachten konnten. Während dieses Abklingprozesses verband sich der Zeitkristall mit einem nahegelegenen mechanischen Oszillator. Die Art dieser Verbindung wurde durch die Frequenz und Amplitude des Oszillators bestimmt.
Hintergrund: Superfluide und Magnonen
Superfluide: Dies sind Flüssigkeiten, die bei extrem niedrigen Temperaturen ohne jegliche Reibung fließen können. Helium-3 ist ein Beispiel für ein solches Superfluid.
Magnonen: Diese sind Quasiteilchen, die eine kollektive Anregung von Elektronenspins in einem magnetischen Material darstellen. Sie verhalten sich wie einzelne Partikel und können Energie und Impuls transportieren.
Anwendungen und Zukunftsaussichten
Die Forscher konnten nachweisen, dass die beobachteten Frequenzänderungen des Zeitkristalls den optomechanischen Phänomenen entsprechen, die in der Physik bekannt sind. Diese Phänomene werden beispielsweise in Observatorien wie dem Laser Interferometer Gravitationswellen-Observatorium (LIGO) in den USA zur Detektion von Gravitationswellen eingesetzt. Mäkinen betont, dass die experimentelle Anordnung durch Reduzierung des Energieverlusts und Erhöhung der Frequenz des mechanischen Oszillators optimiert werden könnte, um die Grenze des Quantenbereichs zu erreichen.
Die möglichen Anwendungen dieser Technologie sind vielfältig und vielversprechend. Zeitkristalle könnten die Leistung von Quantencomputern und Sensoren erheblich steigern. Mäkinen erklärt, dass Zeitkristalle um Größenordnungen länger stabil bleiben als die derzeit in Quantencomputern verwendeten Quantensysteme. Dies könnte die Speichersysteme von Quantencomputern revolutionieren und deren Effizienz drastisch verbessern.
- Quantencomputer: Zeitkristalle könnten als stabile Speicherelemente dienen, die die Leistung und Stabilität von Quantencomputern erheblich verbessern.
- Hochpräzise Sensoren: Sie könnten als Frequenzkämme verwendet werden. Frequenzkämme sind essenziell für extrem empfindliche Messgeräte, die präzise Frequenzreferenzen benötigen, beispielsweise in der Metrologie oder für die Erkennung kleinster Veränderungen in physikalischen Größen.
Die Forschungsergebnisse zeigen ein großes Potenzial. Die Möglichkeit, Zeitkristalle zu steuern und mit anderen Systemen zu verbinden, öffnet die Tür für neue Technologien, die bisher nur in der Theorie existierten. Die weitere Erforschung dieser Phänomene könnte zu Innovationen in der Quantenphysik und darüber hinaus führen.
Blick in die Zukunft
Die Arbeit der Aalto-Universität ist ein wichtiger Meilenstein. Sie demonstriert nicht nur die grundlegende Möglichkeit der Kopplung von Zeitkristallen, sondern auch die praktische Anwendbarkeit der dabei gewonnenen Erkenntnisse. Diese Fortschritte sind grundlegend für die Entwicklung der nächsten Generation von Quantengeräten.
Die Forschung an Zeitkristallen ist ein aktives Feld der Physik. Ihre einzigartigen Eigenschaften, insbesondere die Fähigkeit zur ewigen Bewegung ohne externe Energiezufuhr, machen sie zu idealen Kandidaten für Anwendungen, die höchste Präzision und Stabilität erfordern. Die kontinuierliche Arbeit in diesem Bereich wird entscheidend sein, um das volle Potenzial dieser faszinierenden Quantenphänomene auszuschöpfen.
Die Veröffentlichung in Nature Communications bestätigt die wissenschaftliche Relevanz und Genauigkeit der Studie. Mit weiteren Forschungen und Entwicklungen könnten Zeitkristalle in wenigen Jahren eine zentrale Rolle in der Quantentechnologie spielen.





