Die LEGO-Designer Carl Merriam und Simon Kent haben Einblicke in den Entwicklungsprozess des neuen LEGO-Game-Boy-Sets gegeben. In einem Gespräch erläuterten sie die intensive Zusammenarbeit mit Nintendo, die entscheidend war, um die Authentizität des legendären Handhelds im Maßstab 1:1 nachzubilden. Der Fokus lag dabei nicht nur auf dem Aussehen, sondern auch auf dem originalgetreuen Gefühl bei der Bedienung.
Das Ergebnis ist ein Bausatz, der bei Fans bereits großen Anklang findet und die Nostalgie der späten 1980er- und 1990er-Jahre wieder aufleben lässt. Die Designer standen vor der Herausforderung, komplexe mechanische Funktionen auf engstem Raum unterzubringen, ohne die charakteristische Form und Größe des Originals zu verändern.
Wichtige Erkenntnisse
- LEGO und Nintendo arbeiteten während der gesamten Entwicklung sehr eng zusammen, um maximale Authentizität zu gewährleisten.
- Die größte technische Herausforderung war die Nachbildung der Funktionen und der Haptik im originalgetreuen 1:1-Maßstab.
- Designer Carl Merriam entwickelte bis zu 40 Prototypen für das Steuerkreuz und die Knöpfe, um das richtige Gefühl zu treffen.
- Auf Zubehör wie Kopfhörer oder eine Lampe wurde bewusst verzichtet, um das Set einfach und fokussiert zu halten.
- Die Designer vermieden es, sich von Fan-Modellen inspirieren zu lassen, um einen einzigartigen und offiziellen Entwurf zu schaffen.
Enge Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg
Die Detailtreue des LEGO-Game-Boy-Sets ist das Ergebnis einer tiefgreifenden Partnerschaft zwischen LEGO und Nintendo. Laut Simon Kent, Design Director bei LEGO, war Nintendo „sehr involviert“ in den gesamten Prozess. Diese Kooperation ermöglichte es dem Designteam, auf wertvolle Informationen und Ressourcen zuzugreifen.
„Wir haben ein Team, das in Japan arbeitet“, erklärte Kent. „Sie ermöglichen uns im Grunde, uns mit verschiedenen IP-Teams, Hardware-Teams oder sogar Kreativteams innerhalb von Nintendo zu verbinden, um die richtigen Informationen zu erhalten und das Produkt so gut wie möglich zu machen.“
Ein besonderer Moment in der Entwicklung war das Treffen mit einem Hardware-Designer, der laut Kent möglicherweise am Original-Game-Boy mitgearbeitet hat oder zumindest eng mit dessen Entstehung verbunden war. Der ursprüngliche Erfinder des Game Boy, Gunpei Yokoi, verstarb bereits 1997. Der direkte Austausch mit den Experten von Nintendo war entscheidend, um das ikonische Design korrekt zu erfassen.
Die Herausforderung des 1:1-Maßstabs
Eine der zentralen Vorgaben für das Projekt war die Einhaltung des 1:1-Maßstabs. Das fertige Modell sollte exakt die gleichen Abmessungen wie der originale Game Boy haben. Diese Entscheidung brachte erhebliche technische Hürden mit sich, wie Designer Carl Merriam erläuterte.
„Wir haben nicht wirklich viel Platz, um viele Dinge zu tun, und wir haben mit allen möglichen funktionalen Wegen herumgespielt, um es zu ermöglichen, etwas mit den Spielen zu machen.“
Merriam, der bereits an den Super-Mario-LEGO-Sets mitgewirkt hat, betonte den begrenzten Innenraum des Modells. Jeder Millimeter musste optimal genutzt werden, um nicht nur die äußere Form, sondern auch funktionale Elemente wie den Modulschacht und die beweglichen Tasten unterzubringen. Die Authentizität in Größe und Gewicht war ein nicht verhandelbares Ziel, das den gesamten Designprozess prägte.
Zweites Nintendo-Konsolen-Set von LEGO
Der LEGO Game Boy ist nach dem LEGO Nintendo Entertainment System (NES) aus dem Jahr 2020 das zweite Set, das eine ikonische Nintendo-Konsole nachbildet. Während das NES-Set ein größeres Modell mit einem interaktiven Fernseher umfasste, konzentriert sich das Game-Boy-Set auf eine detailgetreue und handliche Nachbildung des Originals.
Detailverliebtheit für ein authentisches Gefühl
Das Team legte größten Wert darauf, nicht nur das Aussehen, sondern auch die Haptik des Game Boy zu replizieren. Die Bedienung der Knöpfe und des Steuerkreuzes sollte sich so anfühlen wie beim Originalgerät aus dem Jahr 1989. Dieser Anspruch führte zu einem aufwendigen Prototyping-Prozess.
Carl Merriam gab an, dass er etwa 30 bis 40 verschiedene Versionen allein für das Steuerkreuz (D-Pad) und andere Schalter entworfen hat. Ziel war es, den perfekten Druckpunkt und die richtige Federung zu finden. Das D-Pad sitzt auf einem speziellen Gummielement, das ihm ein federndes und reaktionsschnelles Gefühl verleiht. Auch die A- und B-Knöpfe wurden so konstruiert, dass sie dem Originalgefühl sehr nahekommen.
Recycelte Autoreifen als Knöpfe
Eine besonders kreative Lösung fand das Team für die Start- und Select-Knöpfe. Anstatt neue Teile zu entwerfen, griffen die Designer auf ein klassisches LEGO-Element zurück: kleine schwarze Reifen, die ursprünglich in den 1960er-Jahren eingeführt wurden. Ihre Form und ihr Material erwiesen sich als perfekt für die schmalen, gummierten Knöpfe des Game Boy.
Weitere Details unterstreichen die Sorgfalt der Entwicklung. Die mitgelieferten Spielmodule, die auf Spielen wie Super Mario Land basieren, rasten mit einem zufriedenstellenden „Klick“ im Schacht auf der Rückseite ein. Die Bildschirme der Module sind mit Linsenrasterfolie (lentikulare Folie) versehen, die beim Bewegen einen leichten Animationseffekt erzeugt und so ein eingeschaltetes Display simuliert.
Design-Entscheidungen und bewusste Vereinfachung
Während der Konzeptionsphase diskutierte das Team, ob dem Set zusätzliches Zubehör beigefügt werden sollte. Der originale Game Boy war für seine zahlreichen Peripheriegeräte bekannt, darunter Lampen, Lupen und externe Akkus.
„Wir wollten gewissermaßen alles integrieren, was am Game Boy mobil war“, so Simon Kent. „Wir hatten Diskussionen darüber, ob wir Peripheriegeräte hinzufügen sollten, die man anschließen kann. Sollte es mit Kopfhörern kommen? Sollte es mit einer kleinen Lampe kommen?“
Letztendlich entschied sich das Team gegen diese Erweiterungen. Die Begründung war, das Produkt einfach und fokussiert zu halten. Der Kern des Erlebnisses sollte darin bestehen, ein ikonisches Stück Technikgeschichte zu bauen und die Nostalgie des Spielens an jedem Ort nachzuempfinden. Diese Entscheidung trug auch dazu bei, das Set zu einem erschwinglicheren Preis anzubieten als das deutlich komplexere NES-Set.
Abgrenzung von Fan-Kreationen und Zukunftsaussichten
Im Internet existieren unzählige von Fans entworfene LEGO-Versionen des Game Boy. Die offiziellen LEGO-Designer betonten jedoch, dass sie diese bewusst ignorieren, um rechtliche Probleme zu vermeiden und ihre eigene kreative Vision zu verfolgen.
„Wir sind aus genau diesem Grund sehr vorsichtig. Wir schauen uns bewusst kein von Fans erstelltes Material an, weil wir uns auf das tatsächliche Original konzentrieren und das tun wollen, was wir für das Richtige halten, zusammen mit dem Partner, mit dem wir zusammenarbeiten.“ - Simon Kent
Carl Merriam fügte hinzu, dass die Aufgabe eines LEGO-Designers weit über das reine Nachbauen hinausgeht: „Einer der interessantesten Unterschiede zwischen einem LEGO-Fan und einem LEGO-Designer ist, dass wir ein Produkt für Menschen entwerfen, die es zu Hause bauen. Das Erlebnis des Bauens unterhaltsam zu gestalten, ist eine völlig andere Herausforderung, als nur etwas so aussehen zu lassen wie das Ausgangsmaterial.“
Auf die Frage nach zukünftigen Kooperationen mit Nintendo und möglichen weiteren Konsolen-Sets gaben sich die Designer bedeckt. Angesichts des Erfolgs des NES- und des Game-Boy-Sets warten Fans jedoch gespannt darauf, welche Gaming-Ikone als Nächstes in LEGO-Form verewigt wird.





