Samsung und Google haben gemeinsam ein neues Mixed-Reality-Headset entwickelt, das Galaxy XR. Doch das teure Gerät ist nur der erste Schritt einer weitreichenden Strategie. Das eigentliche Ziel ist die Entwicklung einer intelligenten Brille für den Alltag, die durch künstliche Intelligenz angetrieben wird und unser tägliches Leben verändern könnte.
Führungskräfte beider Unternehmen bestätigten, dass die Zukunft in unauffälligen, KI-gestützten Brillen liegt, die nahtlos mit Smartphones, Uhren und anderen Geräten zusammenarbeiten. Das Galaxy XR dient dabei als Entwicklungsplattform, um die dafür notwendige Technologie zu erproben.
Die wichtigsten Punkte
- Samsung und Google arbeiten an einer neuen Generation von KI-gestützten Smart Glasses.
- Das kürzlich vorgestellte Galaxy XR Headset ist ein Entwicklungswerkzeug für diese zukünftige Technologie.
- Die KI Gemini soll in der Lage sein, die Umgebung des Nutzers sowie virtuelle Bildschirme zu analysieren.
- Die Steuerung soll über andere Wearables wie Smartwatches und Ringe erfolgen.
- Ein starker Fokus liegt auf Anwendungen in den Bereichen Fitness und Gesundheit.
Mehr als nur ein weiteres Headset
Das Samsung Galaxy XR ist auf den ersten Blick ein weiteres High-End-Headset, das sich zwischen Konkurrenzprodukten wie der Meta Quest und Apples Vision Pro positioniert. Es ist groß, für den stationären Gebrauch konzipiert und wird mit einem Preis von 1.799 US-Dollar vor allem für professionelle Anwender und Entwickler interessant sein.
Doch im Inneren des Geräts arbeitet eine Technologie, die den Weg in die Zukunft weisen soll. Googles KI-Modell Gemini ist tief in das System integriert. Es kann nicht nur durch die Kameras die reale Welt erfassen, sondern auch analysieren, welche virtuellen Inhalte der Nutzer betrachtet. Diese Fähigkeit, den Kontext des Nutzers zu verstehen, ist der Schlüssel für die nächste Generation von Wearables.
Die Vision der kontextuellen KI
Technologieunternehmen sprechen schon länger von sogenannter „kontextueller KI“. Damit ist eine künstliche Intelligenz gemeint, die versteht, was eine Person gerade tut, wo sie sich befindet und was sie sieht oder hört. Das Ziel ist ein digitaler Assistent, der proaktiv und unaufdringlich im Alltag hilft.
Won-Joon Choi, COO der Mobile-Sparte bei Samsung, erklärte, dass XR-Headsets und -Brillen die idealen Geräte seien, um diese multimodale KI zu realisieren. „Wir legen damit den Grundstein für kommende Wellen neuer Formfaktoren, die Menschen wahrscheinlich in ihrem täglichen Leben nutzen werden“, so Choi. Das Betriebssystem Android XR sei bewusst nicht nur für Headsets, sondern auch für Brillen entwickelt worden.
Die Brille als zentrales KI-Gerät der Zukunft
Sowohl Samsung als auch Google sehen die eigentliche Revolution nicht in klobigen Headsets, sondern in leichten und unauffälligen Brillen. Diese sollen zu einem ständigen Begleiter werden, ähnlich wie heute das Smartphone oder die Smartwatch.
„Brillen sind ein wirklich wichtiger Formfaktor für die Zukunft der KI“, betonte Sameer Samat, Leiter der Android-Abteilung bei Google.
Die Idee ist, dass die Brille als eine Art intelligenter Filter für Informationen dient. Die Rechenleistung könnte dabei weiterhin vom Smartphone in der Tasche kommen, während die Brille die Umgebung erfasst und relevante Informationen direkt ins Sichtfeld des Nutzers einblendet.
Strategische Partnerschaften
Um modische und alltagstaugliche Designs zu gewährleisten, arbeiten Samsung und Google bereits mit etablierten Brillenherstellern wie Warby Parker und Gentle Monster zusammen. Dies spiegelt die Strategie von Meta wider, die für ihre Ray-Ban Stories eine Partnerschaft mit EssilorLuxottica eingegangen sind.
Ein vernetztes Ökosystem
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Smart Glasses ist die nahtlose Integration in ein bestehendes Ökosystem von Geräten. Samsung plant, die zukünftigen Brillen tief in die Galaxy-Welt zu integrieren.
- Smartphones: Dienen als Rechenzentrale und primäre Verbindung zur Außenwelt.
- Smartwatches: Könnten als Steuerungs- und Anzeigeeinheit für Brillen ohne eigenes Display fungieren.
- Ringe: Der kürzlich angekündigte Galaxy Ring könnte ebenfalls zur Steuerung durch Gesten genutzt werden.
„Was auch immer Sie auf Smartphones, Uhren, Brillen oder Headsets tun, sie werden miteinander verbunden sein“, versprach Choi. Diese Vernetzung soll eine intuitive und unkomplizierte Bedienung ermöglichen, ohne dass der Nutzer ständig zum Smartphone greifen muss.
Fokus auf Gesundheit und Fitness
Ein Bereich, in dem KI-Brillen besonders nützlich sein könnten, ist Gesundheit und Fitness. Während das aktuelle Galaxy XR Headset hier noch Nachholbedarf hat, sollen zukünftige Brillenmodelle stark auf diese Anwendungen ausgerichtet sein.
Choi nannte konkrete Beispiele: „Wenn wir Brillen auf den Markt bringen, sehe ich Anwendungen im Bereich Fitness und Gesundheit – zum Beispiel beim Fahrradfahren.“ Denkbar wären Einblendungen von Geschwindigkeit, Distanz oder Navigationshinweisen direkt im Sichtfeld.
Der Markt für smarte Wearables
Der Markt für Wearables wächst stetig, angetrieben von Smartwatches und Fitness-Trackern. KI-gestützte Brillen gelten als der nächste logische Schritt in dieser Entwicklung. Analysten erwarten, dass diese Geräte das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir mit digitalen Informationen interagieren, grundlegend zu verändern und eine neue Ära des „Ambient Computing“ einzuläuten, in der die Technologie in den Hintergrund tritt.
Auch die Ernährungsüberwachung ist ein vielversprechendes Anwendungsfeld. Die Kamera der Brille könnte Lebensmittel scannen und automatisch Kalorien und Nährwertinformationen erfassen. Konkurrent Meta arbeitet bereits an ähnlichen Funktionen und hat Partnerschaften mit Garmin und Strava für seine Sportbrillen-Modelle geschlossen.
Ein offener Weg nach vorn
Das Galaxy XR Headset dient laut Google-Manager Samat vor allem als Plattform für Entwickler. Es bietet alle notwendigen Schnittstellen, um schon heute Anwendungen für die AR-Brillen von morgen zu entwickeln. Es ist eine Einladung an die Entwicklergemeinde, das Potenzial von Android XR auszuloten.
Obwohl Gemini derzeit die zentrale KI-Lösung ist, schließt Google nicht aus, die Plattform zukünftig auch für andere KI-Modelle zu öffnen. „Android war schon immer offen aufgebaut“, sagte Samat. „Ich glaube nicht, dass XR in dieser Hinsicht anders sein wird.“ Die Zusammenarbeit zwischen Samsung und Google markiert somit erst den Anfang einer Entwicklung, die das Potenzial hat, unsere Interaktion mit der digitalen Welt neu zu definieren.





