Die Castlevania-Reihe ist eine der langlebigsten Serien der Spielegeschichte. Mit einer fast 40-jährigen Geschichte hat die Marke unzählige Klassiker hervorgebracht, die das Action-Genre geprägt haben. Doch bei einer so großen Anzahl an Veröffentlichungen geraten einige Titel unweigerlich in Vergessenheit oder werden von bekannteren Ablegern überschattet.
Viele dieser Spiele boten jedoch einzigartige Ideen, technische Meisterleistungen oder legten den Grundstein für spätere Erfolge. Dieser Artikel beleuchtet einige der interessantesten Castlevania-Titel, die oft übersehen werden, aber einen zweiten Blick wert sind.
Wichtige Erkenntnisse
- In der fast 40-jährigen Geschichte von Castlevania gibt es viele Spiele, die trotz ihrer Qualität oder Einzigartigkeit wenig Beachtung fanden.
- Titel wie "Kid Dracula" zeigen eine humorvolle, parodistische Seite der sonst düsteren Serie.
- Einige Spiele wie "Castlevania: Dracula X" für das SNES waren keine direkten Portierungen, sondern eigenständige und technisch beeindruckende Interpretationen.
- Spätere 3D-Titel wie "Legacy of Darkness" und "Curse of Darkness" experimentierten mit neuen Spielmechaniken und Erzählansätzen, die oft unterbewertet wurden.
- Remakes wie "The Adventure ReBirth" und Sammlungen wie "The Dracula X Chronicles" machten klassische Titel erstmals einem breiteren Publikum zugänglich.
Frühe Experimente und alternative Versionen
Schon in der klassischen Ära wagte Konami Experimente abseits der Hauptreihe. Diese Spiele zeigten oft eine andere Seite des Castlevania-Universums oder passten bekannte Konzepte an die technischen Gegebenheiten neuer Plattformen an.
Kid Dracula (NES/Game Boy)
Im Jahr 1990, auf dem Höhepunkt des Erfolgs der NES-Trilogie, veröffentlichte Konami in Japan ein ungewöhnliches Spin-off: "Kid Dracula". In diesem Cartoon-Platformer steuert man eine Chibi-Version von Alucard. Das Spiel war eine Parodie auf die Hauptserie und andere Konami-Titel.
Während die NES-Version erst 2019 mit der "Castlevania Anniversary Collection" im Westen erschien, wurde die Game-Boy-Fortsetzung bereits 1993 veröffentlicht. Die Spiele zeichnen sich durch ihren schrägen Humor aus, der sich in Leveln wie einer Quizshow gegen die Freiheitsstatue oder Kämpfen gegen Zombie-Punks in New York zeigt.
Castlevania: Dracula X (SNES)
Oft wird "Castlevania: Dracula X" fälschlicherweise als eine minderwertige Portierung von "Rondo of Blood" (PC Engine CD) angesehen. Tatsächlich handelt es sich um eine eigenständige Neuinterpretation, die speziell für die Hardware des Super Nintendo entwickelt wurde.
Das Spiel gilt als technisches Meisterwerk für das SNES, mit beeindruckender Grafik und einem der besten Soundtracks der Konsole. Es ist bekannt für seinen extrem hohen Schwierigkeitsgrad, insbesondere der Endkampf gegen Dracula, bei dem erstmals bodenlose Abgründe in die Arena integriert wurden.
Castlevania Chronicles (Sharp X68000/PlayStation)
Konami hat das erste Abenteuer von Simon Belmont mehrfach neu aufgelegt. "Castlevania Chronicles", ursprünglich für den japanischen Computer Sharp X68000 entwickelt, ist eine dieser Neuinterpretationen. Die beste Version ist jedoch die erweiterte Portierung für die PlayStation.
Hintergrund: Der Sharp X68000
Der Sharp X68000 war ein in Japan populärer Heimcomputer, der für seine fortschrittlichen Grafik- und Soundfähigkeiten bekannt war. Viele Arcade-Spiele erhielten auf diesem System qualitativ hochwertige Portierungen, und es entstanden auch exklusive Titel wie die ursprüngliche Version von "Castlevania Chronicles".
Diese Version fand eine Balance zwischen dem anspruchsvollen Leveldesign der NES-Originale und der gotischen Ästhetik von "Super Castlevania IV". Das PlayStation-Remake wurde vom Team hinter "Symphony of the Night" überarbeitet, erhielt eine verbesserte Spielbalance, grafische Anpassungen von der Künstlerin Ayami Kojima und einen neu abgemischten Synthesizer-Soundtrack.
Der schwierige Übergang in die dritte Dimension
Wie viele andere 2D-Serien hatte auch Castlevania Schwierigkeiten, in der Ära der 3D-Polygone Fuß zu fassen. Die ersten Versuche waren umstritten, enthielten aber viele ambitionierte Ideen, die oft übersehen werden.
Castlevania: Legacy of Darkness (N64)
Das erste 3D-Spiel der Reihe, "Castlevania 64", wurde damals von Kritikern und Spielern wohlwollend aufgenommen, während "Symphony of the Night" kommerziell scheiterte. Heute hat sich diese Wahrnehmung umgekehrt. "Castlevania 64" litt unter einer überhasteten Entwicklung, die viele Ideen unvollendet ließ.
"Legacy of Darkness" ist die erweiterte und verbesserte Version, die Konami hätte veröffentlichen sollen. Dank des N64 Expansion Paks bot das Spiel eine bessere Grafik, fügte zwei neue spielbare Charaktere hinzu – darunter den Werwolf Cornell – und optimierte die Spielbalance. Es bleibt eine faszinierende Kuriosität, die zeigt, was das Entwicklerteam ursprünglich vorhatte.
Castlevania: Curse of Darkness (PS2/Xbox)
Nachdem "Lament of Innocence" die Serie erfolgreich in die 3D-Welt überführt hatte, war die Enttäuschung über den Nachfolger "Curse of Darkness" bei vielen Fans groß. Das Spiel wich stark von der traditionellen Formel ab.
Verbindung zur Netflix-Serie
Die Hauptfiguren Hector und Isaac sowie der Charakter Saint-Germain aus der erfolgreichen Netflix-Animationsserie "Castlevania" hatten ihren ersten Auftritt in "Curse of Darkness". Die grundlegenden Charakterzüge und Handlungsbögen wurden direkt aus dem Spiel übernommen.
Mit zeitlichem Abstand betrachtet, ist "Curse of Darkness" jedoch ein solides Action-Rollenspiel. Es bietet ein tiefgehendes Crafting-System zur Erschaffung von Begleitern, eine beeindruckende Grafik und einen oft unterschätzten Soundtrack von Michiru Yamane. Die Handlung wirkt im Spiel allein etwas verwirrend, da ein Großteil der Vorgeschichte in einem Manga erzählt wurde, der erst Jahre später außerhalb Japans erschien.
Neuauflagen und moderne Klassiker
Auch auf modernen Konsolen gab es Titel, die entweder Klassiker in neuem Glanz präsentierten oder die traditionelle Formel aufgriffen, aber aufgrund ihrer Plattform wenig Beachtung fanden.
Castlevania: The Dracula X Chronicles (PSP)
Dieser Titel für die PlayStation Portable ist vor allem wegen seines enormen Mehrwerts bemerkenswert. Er enthält nicht nur ein 2.5D-Remake von "Rondo of Blood", sondern schaltet auch das originale PC-Engine-Spiel frei – die erste offizielle Veröffentlichung außerhalb Japans.
Zusätzlich ist eine portable Version von "Symphony of the Night" enthalten. Diese Version führte die neu aufgenommene englische Sprachausgabe ein, die seitdem zum Standard für alle Wiederveröffentlichungen geworden ist. Allein die Möglichkeit, diese beiden Klassiker auf einem Handheld zu spielen, macht "The Dracula X Chronicles" zu einem wichtigen Teil der Seriengeschichte.
Castlevania: The Adventure ReBirth (WiiWare)
Die drei Castlevania-Spiele für den ursprünglichen Game Boy sind aufgrund der technischen Einschränkungen der Hardware nicht gut gealtert. Konami nutzte dies als Gelegenheit für sein "ReBirth"-Projekt auf der WiiWare-Plattform, das klassischen Franchises neues Leben einhauchen sollte.
"Castlevania: The Adventure ReBirth" ist ein komplettes Remake des ersten Game-Boy-Spiels. Es nutzt eine modifizierte Version der Engine der Nintendo-DS-Titel und beweist eindrucksvoll, dass das klassische 2D-Gameplay der Serie auch in der modernen Zeit noch funktioniert. Da es nur digital für die Wii erschien, ist es heute schwer zugänglich und vielen Spielern unbekannt.
Castlevania: Lords of Shadow 2 (Xbox 360/PS3/PC)
Die "Lords of Shadow"-Trilogie war kommerziell sehr erfolgreich, wird aber von vielen langjährigen Fans der Serie kritisch gesehen. Besonders der zweite Teil steht oft in der Kritik. Ihm fehlte die Aufsicht von Hideo Kojima, was zu umstrittenen Design-Entscheidungen wie den berüchtigten Schleich-Passagen führte.
"Der tiefste Kreis der Hölle ist für Lügner, Verräter und jeden reserviert, der Patrick Stewarts Erzählung auf den Ladebildschirmen von Lords of Shadow überspringt."
Abseits dieser Abschnitte ist "Lords of Shadow 2" jedoch ein solides Spiel. Das Kampfsystem, in dem man als Dracula spielt, ist brutal und befriedigend. Die Darstellung Draculas als müder Unsterblicher durch den Schauspieler Robert Carlyle ist faszinierend. Zudem bietet das Spiel ein intelligentes Leveldesign und einen meisterhaften Soundtrack von Oscar Araujo, der die düstere, barocke Horror-Atmosphäre perfekt einfängt.





