Das Entwicklerteam des beliebten digitalen Kartenspiels Hearthstone bei Blizzard Entertainment hat für die Gründung einer Gewerkschaft gestimmt. Rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden künftig von der Communications Workers of America (CWA) vertreten. Microsoft, der Mutterkonzern von Blizzard, hat die neue Gewerkschaft offiziell anerkannt.
Die Abstimmung erfolgte kurz vor dem Auslaufen eines Neutralitätsabkommens zwischen Microsoft und der CWA, was den Prozess für die Beschäftigten erheblich erleichtert hat.
Wichtige Fakten
- Rund 100 Mitarbeiter des Hearthstone-Teams (Team 5) haben für eine Gewerkschaft gestimmt.
- Die Gruppe wird durch die Communications Workers of America (CWA) vertreten.
- Microsoft hat die Gewerkschaft unmittelbar nach der Abstimmung anerkannt.
- Die Entscheidung fiel zusammen mit dem Auslaufen eines wichtigen Neutralitätsabkommens.
- Es ist die dritte Gewerkschaft, die innerhalb einer Woche bei Blizzard öffentlich wurde.
Ein entscheidender Schritt für die Belegschaft
Die Mitarbeiter von Team 5, das für die Entwicklung und Pflege von Hearthstone zuständig ist, haben sich mit großer Mehrheit für eine gewerkschaftliche Organisation entschieden. Die neue Gewerkschaftseinheit umfasst eine breite Palette von Berufen, darunter Künstler, Gameplay-Designer und Qualitätssicherungstester.
Diese Entwicklung markiert einen weiteren wichtigen Meilenstein in der wachsenden Gewerkschaftsbewegung innerhalb der Videospielindustrie und insbesondere bei Activision Blizzard. Es ist bereits die dritte Gewerkschaftsgruppe, die allein in der letzten Woche bei Blizzard an die Öffentlichkeit getreten ist, nachdem zuvor zwei Einheiten von Mitarbeitern der Battle.net-Plattform denselben Schritt gegangen waren.
Die Rolle des Neutralitätsabkommens
Ein zentraler Faktor für den erfolgreichen Abschluss der Gewerkschaftsbildung war ein Neutralitätsabkommen, das Microsoft und die CWA im Jahr 2022 unterzeichnet hatten. Diese Vereinbarung, die im Vorfeld der 68,7 Milliarden US-Dollar schweren Übernahme von Activision Blizzard getroffen wurde, verpflichtete Microsoft, sich bei gewerkschaftlichen Bestrebungen der Mitarbeiter neutral zu verhalten und diese nicht zu behindern.
Dieses Abkommen lief genau in der Woche der Abstimmung aus. Mitarbeiter betonten, dass die drohende Frist ein starker Anreiz war, den Prozess schnell voranzutreiben. „Das Wissen, dass es ein Datum gibt, an dem diese mächtige Option, eine Gewerkschaft zu gründen, erheblich schwieriger werden könnte, war für mich ein Weckruf“, erklärte der leitende Spieledesigner Dominic Calkosz.
Hintergrund: Gewerkschaften bei Activision Blizzard
Vor der Unterzeichnung des Neutralitätsabkommens stießen gewerkschaftliche Bemühungen bei Activision Blizzard auf erheblichen Widerstand des Managements, den Mitarbeiter als „Union Busting“ (Gewerkschaftsbekämpfung) bezeichneten. Seit Inkrafttreten des Abkommens haben sich jedoch mehrere Gewerkschaften im Unternehmen gebildet. Allein bei Blizzard Entertainment gibt es nun mindestens sieben separate Gewerkschaftsgruppen.
Motive und Ziele der Mitarbeiter
Die Gründe für die Gewerkschaftsbildung sind vielfältig und spiegeln gemeinsame Anliegen der Belegschaft wider. Viele Mitarbeiter suchen nach mehr Stabilität, Mitspracherecht und fairen Arbeitsbedingungen in einer Branche, die für ihre hohe Arbeitsbelastung und Unsicherheit bekannt ist.
Schutz vor Entlassungen als Priorität
Für Uriah Voth, einen leitenden 2D-Künstler, war der Schutz vor Entlassungen eine Hauptmotivation. Er berichtete, dass er in seinen zweieinhalb Jahren bei Blizzard drei Entlassungsrunden miterlebt habe, die auch Mitglieder des Hearthstone-Teams betrafen. „Es war dieser Rhythmus von sechs Monaten, in dem wir dieses traumatische Ereignis erlebten“, sagte Voth.
„Ich weiß, dass wir Entlassungen nicht vollständig verhindern können, aber allein das Gefühl, dass wir bei diesen massiven Entscheidungen, die uns alle betreffen, ein gewisses Mitspracherecht haben müssen.“
Die Mitarbeiter hatten das Gefühl, dass ihre Sorgen von der Führungsebene nicht gehört wurden. Eine Gewerkschaft bietet ihnen eine kollektive Stimme, die das Unternehmen nicht ignorieren kann.
Die „Passion Tax“
Carol Blean, eine Testanalystin für Hearthstone, sprach von der sogenannten „Passion Tax“ – der Tendenz von Mitarbeitern, niedrigere Gehälter oder schlechtere Bedingungen in Kauf zu nehmen, weil sie in ihrem Traumjob bei einem berühmten Unternehmen wie Blizzard arbeiten. „Wir streben nach einer gerechten Behandlung“, betonte sie. „Im Moment haben wir nicht viel Mitspracherecht. Das ist es, was wir suchen.“
Die nächsten Schritte und zukünftige Herausforderungen
Mit der offiziellen Anerkennung durch Microsoft steht die Hearthstone-Gewerkschaft nun vor der nächsten großen Aufgabe: der Aushandlung eines Tarifvertrags. Dieser Prozess kann langwierig und komplex sein.
Das Organisationskomitee wird nun die Mitglieder befragen, um die wichtigsten Themen für die Vertragsverhandlungen zu ermitteln. Zu den zentralen Forderungen gehören:
- Verbesserter Kündigungsschutz: Bessere Abfindungspakete und Wiedereinstellungsrechte.
- Faire Vergütung: Reduzierung von Lohnunterschieden.
- Flexible Arbeitsmodelle: Mehr Unterstützung für Heimarbeit und formelle Schutzmaßnahmen für Remote-Mitarbeiter.
- Rechenschaftspflicht: Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz.
- Regulierung von KI: Schutzmaßnahmen oder Einschränkungen bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz.
Dominic Calkosz fasste das allgemeine Ziel zusammen: „Es geht darum, die guten Dinge, die wir haben, zu bewahren und darauf vorbereitet zu sein, uns gegen zukünftige unfaire Behandlung zu wehren.“
Unsicherheit nach Auslaufen des Abkommens
Wie sich die Bedingungen für zukünftige Gewerkschaftsgründungen bei Microsoft-eigenen Spielestudios entwickeln werden, ist nach dem Auslaufen des Neutralitätsabkommens unklar. Bestehende Gewerkschaften wie die des Hearthstone-Teams haben die erste Hürde der Anerkennung genommen, doch die Vertragsverhandlungen stellen oft eine noch größere Herausforderung dar.
Bisher haben nur zwei der vielen Gewerkschaften unter dem Dach von Microsoft und Activision Blizzard – Raven Software und die Qualitätssicherung von ZeniMax – ihre Verhandlungen abgeschlossen. In beiden Fällen dauerte der Prozess mehrere Jahre.
Solidarität als treibende Kraft
Die Mitarbeiter des Hearthstone-Teams betonten die enorme Unterstützung durch die bereits bestehenden Gewerkschaften bei Blizzard. Wöchentliche Treffen der verschiedenen Organisationskomitees ermöglichten einen Austausch von Informationen und Strategien.
„Es war unglaublich hilfreich für die Mitglieder unseres Teams zu sehen, wie andere Teams bei Blizzard Gewerkschaften gründen und Schritte in Richtung eines Vertrags machen“, sagte Calkosz. „Es ist sehr schwierig, den ersten Schritt zu tun. Zu wissen, dass andere bereits den Weg ebnen und bereit sind, sich mit unserem Team zu solidarisieren, war für viele eine große Motivation.“





